Eine Zugbegleiterin, ein Lokführer und ein Reisecenter-Mitarbeiter gewinnen den Titel „Eisenbahner mit Herz 2016“. Erstmals würdigt die Jury auch die herausragenden Leistungen auch auf Landesebene: Acht Bundesländer stellen in diesem Jahr einen Landessieger.
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Rund 100 Gäste feierten im Restaurant "Two Buddhas" im Berliner Nordbahnhof die Preisträger der sechsten Auflage des Wettbewerbs "Eisenbahner mit Herz". Neben den drei Hauptsiegern wurden erstmals auch Landessieger gekürt und von ihren Bahnchefs geehrt. Der Gold-Gewinner von 2012, Peter Gitzen, gab ein Ständchen zum Besten.
Lena-Sophia Nobbe (46) hat in ihrem Berufsleben schon viele Stationen gemeistert. Die gelernte Friseurin aus Castrop-Rauxel mit türkischen Wurzeln arbeitete an der Kasse eines Baumarkts und bei McDonald’s, bevor sie sich bei Abellio bewarb. Es war Liebe auf den ersten Blick, und das Jobangebot aus Hagen kam prompt. Dass sie mit dem neuen Arbeitsplatz auch gleich die Eisenbahn für sich entdeckte, freut die erklärte Autofahrerin besonders. Ihr Mann ist ihr darin gefolgt: Seit zwei Jahren ist er Lokführer im Güterverkehr. Lena-Sophia Nobbe fühlt sich trotzdem als Pionierin: „Ich bin die erste Eisenbahnerin in der Familie.“ Und die Beste.
Es ist sicher nicht die Aufgabe von Zugbegleitern, die eigenen Fahrgäste zu erziehen. Umso intelligenter die Reaktion von Lena-Sophia Nobbe. Ohne den Kunden vor den Kopf zu stoßen, hat sie ihm ein moralisches Stoppschild gesetzt. Dass der Einsender selbst nicht wusste, wie er damit umgehen sollte, zeigt die alltägliche Dimension der deutschen „Flüchtlingskrise“. Die Reaktion der Abellio-Mitarbeiterin steht dafür, dass jeder Mensch in unseren Zügen einen guten Platz findet. Die Jury meint: Gold für ein nachahmenswürdiges Verhalten.
„Eine sehr schöne Geschichte gegen Rassismus. Wir waren gerade in Siegen Richtung Essen losgefahren, als ein älterer Herr lautstark nach der Schaffnerin rief, und sich in Folge über eine Flüchtlingsfamilie ausließ, die in einer Sitzgruppe saß. Er fühle sich diskriminiert, wenn dieses „Pack“ hier sitzen dürfe und er müsse neben ihnen sitzen. Ich fand das total schlimm, hatte aber den Eindruck, mit dieser Meinung alleine zu sein. Die anderen Reisenden im gut gefüllten Zug schauten alle aus dem Fenster. Die Schaffnerin bewies Zivilcourage, als sie den Flüchtlingen, die ob des älteren Herrn schockiert und verängstigt reagierten, erklärte, dass solcherart Benehmen in Deutschland nicht normal sei, und dass es tatsächlich nicht zumutbar sei, neben solchen Leuten sitzen zu müssen. Dann platzierte sie die Familie in der ersten Klasse.“
Wolfram Alster (Frankfurt am Main)
In der Dienststelle von DB Regio Freudenstadt ist Fatih Yilmazli (25) der Jüngste. Seit vier Jahren fährt der gebürtige Dornstettener im zentralen Schwarzwald abwechselnd die Triebwagen der Albtal Verkehrsgesellschaft und der Deutschen Bahn. Seine Ausbilder seien „wie Eltern“ für ihn gewesen, sagt der junge Mann, der eigentlich Pilot werden wollte. Die Kollegen vor Ort verraten noch mehr: Ihr „Küken“ sei ein Muster an Gewissenhaftigkeit. Und das Zeug zum Frauenschwarm habe er außerdem. Während Fatih Yilmazli auf die „Richtige“ noch wartet, springt er für seine weiblichen Fahrgäste in die Bresche. Wenn das kein Glücksfall für die Bahn ist.
„Fatih Yilmazli hat gehandelt wie ein Ritter alter Schule. Er hat sich zuerst bei den Reisenden erkundigt, ob sie Hilfe bräuchten. Dann hat er überlegt und effizient gehandelt. Ohne dass die Frauen erst den Notrufknopf drücken mussten, hatte der Lokführer jederzeit die Übersicht in seinem Zug. Seit den Silvester-Übergriffen auf der Kölner Domplatte wissen wir, dass solch ein Einsatz für Frauen in Not leider nicht selbstverständlich ist.“
„Es war an einem Sonntag gegen 6 Uhr als ich meine Reise in Richtung Karlsruhe antrat. Ich fuhr ein paar Stationen, als plötzlich ein stark alkoholisierter Mann in die Bahn stieg. Er lief immer wieder auf und ab und belästigte Frauen. Immer wieder kniete er sich neben diese und fasste sie an, redete auf sie ein und stolperte weiter. Irgendwann kam er auch zu mir und fiel durch das Ruckeln des Zuges fast auf mich drauf. Nach nur ein paar Haltestellen kam ein netter Zugführer und nahm mich und alle Frauen mit in den ersten Wagon, damit er auf uns aufpassen konnte. Er setzte sich mit Leidenschaft für uns Frauen ein und rief am Ende die Polizei, um den Störenfried aus dem Zug zu entfernen. Ich war so erleichtert und heilfroh, dass er mir geholfen hat. Ich will mir gar nicht ausmalen, was hätte passieren können, wenn er nicht da gewesen wäre.“
Lisa Baunack (Freudenstadt)
Gerade hat Kevin Hauseder (21) eine gute Nachricht bekommen: Seine Ausbildung bei DB Vertrieb geht bald zu Ende, nun bietet die Bahn ihm einen festen Arbeitsplatz. Kein Wunder: der Junge ist soeben zum jüngsten „Eisenbahner mit Herz“ aller Zeiten gekürt worden. Dass die Einsenderin Kevin Hauseder in ihrem Brief als „Chef des Reisencenters München“ vorgestellt
hat, amüsiert den gebürtigen Schweizer köstlich. „Vom Chef bin ich noch ein bisschen entfernt.“ Aber vorstellen kann er sich einiges: „Ich strebe einen Führungsposten in der Personalbetreuung
an.“ Ziele muss man haben.
Der Auszubildende Kevin Hauseder hat ein getrenntes Liebespaar auf der Rückreise
von Italien mit vielen gekonnten Telefonaten wieder zusammengebracht, anstatt die Fahrgäste mit der Formel „Eigenverschulden“ abzuspeisen. Bronze für einen Service, der sogar einem langgedienten Vertriebsmitarbeiter zur Ehre gereichen würde. Wir prämieren damit den jüngsten „Eisenbahner mit Herz“ in der Geschichte unseres Wettbewerbs.
Martina Hiss-Nowacki ist mit ihrem Freund auf der Rückreise vom Gardasee. Weil ihr Liebster ein leidenschaftlicher Raucher ist, bereitet er das Gepäck schon in München Ostbahnhof vor, um
im Hauptbahnhof schnell aussteigen zu können. Das zumindest denkt die Einsenderin. Als der Eurocity in Ostbahnhof abfährt, sieht sie mit Entsetzen, wie ihr Mann bereits auf dem Bahnsteig steht. Am Münchner Hauptbahnhof wartet der Anschluss-ICE. Die Einsenderin wartet vor dem Zug, da ihr Mann telefonisch nicht zu erreichen ist. Gerade als die Türen des ICEs sich geschlossen haben, erreicht sie sein Anruf: „Ich habe es geschafft: Bin drin.“ Und sie? Steht draußen mit allen Fahrkarten und Bahncards, während diesmal er mit dem Zug an ihr vorbeifährt. An der Reisenden-Information sucht die Kundin Trost. DB-Mitarbeiter Kevin Hauseder hört sich amüsiert die Geschichte an, greift zum Telefon, informiert die Besatzung des
fahrenden ICE, hebt die Zugbindung der Tickets auf und organisiert, dass die Liebenden sich in Ingolstadt – diesmal gemeinsam – auf die Weiterreise nach Hamburg machen können. „In Ingolstadt ist dann auch wirklich die glückliche Zusammenführung geglückt, und wir haben Hamburg zwar mit einiger Verzögerung erreicht, die Lacher waren aber eindeutig auf unserer Seite. Ein Beweis, dass es wirklich tolle Mitarbeiter bei der Bahn gibt, die schnell und freundlich, ohne großes Tamtam helfen.“
Martina Hiss-Nowacki (Buxtehude)
Maria Verna - DB Zug Bus RAB
Eine Reisende aus Somalia hat den falschen Zug erwischt und hätte eine gefahrvolle Nacht vor sich. Zugbegleiterin Maria Verna leiht ihr eine warme Jacke und beschützt die Frau vor
zweifelhaften Hilfsangeboten. Die Jury ist begeistert von diesem herzlichen Eingreifen.
Einsender: David Gaeckle
Markus Schmidt - Bayerische Oberlandbahn
Sturm Niklas wirbelt den Fahrplan durcheinander und schickt eine Gruppe von Asylbewerbern auf eine schier endlose Irrfahrt. BOB-Lokführer Markus Schmidt organisiert einen Ersatzverkehr,
damit die Menschen noch nachts in ihrer Unterkunft ankommen. Die Jury meint: Solch einen Helfer möchte man selber in der Not gern treffen.
Eindender: Erich Wagner
Enrico Gottwald - DB Fernverkehr
Wenn Enrico Gottwald im ICE in der ersten Klasse Dienst tut, bekommen viele Fahrgäste, die ihn schon kennen, einen ganz bestimmten Glanz in den Augen. Sogar eine Trainerin für Serviceerlebnisse ist sprachlos: „Der Mann ist ein Zauberer.“ Die Jury kann das aus eigener Erfahrung bestätigen.
Einsenderin: Ira Holl
Anne Feilke - DB Fernverkehr
Teurer Abschied von der Ehefrau: Auf einmal ist die Tür zu und der ICE fährt los. Und der Hund sitzt bei brütender Hitze allein im Auto. Zugchefin Anne Feilke hat Mitleid und organisiert einen
Sonderhalt. Den erschöpften Hund kann der Einsender kurz später in die Arme schließen. Der Jury gefällt diese professionelle Hilfestellung.
Einsender: Ernst Bretz
Siegbert Giese - HLB Hessische Landesbahn
Wenn es auf den Strecken der HLB mal nicht so rund läuft, kennen die Pendler ein geheimes Gegenmittel: Die Handynummer des Zugbegleiters Siegbert Giese. Und wenn der Fahrplan nicht
hinhaut, kommt es auch vor, dass der Eisenbahner seine Reisenden von selber anruft. „Absolut außergewöhnlich“, lobt die Jury.
Einsender: Alexander Schmidt, Joachim Röser
Gero Müller - DB Station & Service Leer
Eine Rollstuhlfahrerin strandet in Begleitung ihrer 80-jährigen Mutter am Bahnhof Leer, weil die Rollstuhlrampe des Zuges versagt. Doch statt Tränen bringt der Abend ein Happy End in Gestalt des Bahnhofsmitarbeiters Gero Müller. Für die Jury eine „reife Leistung“.
Einsender: Axel Röbig
Werner van de Loo - NordWestBahn
Die Tasche ist weg, aber NordWestBahn-Lokführer Werner van de Loo hat eine Idee: Die Kundin soll ihr eigenes Telefon anrufen. Den Dieb kann er mit Hilfe des Klingelns inflagranti überführen und ihm die Tasche wieder entreißen. „Klug und mutig“, meint die Jury.
Einsenderin: Petra Schwaab-Sebastian
Lars Jaeger - HarzElbeExpress HEX
Normalerweise sitzt er als Servicekraft im Bahnhof, aber als die Zugverkleidung das Handy der Kundin geschluckt hat, passt Lars Jaeger den Zug ab und holt das gute Stück höchstpersönlich wieder hervor. Die Jury ist angetan: „Das nennen wir ‚Ärmel hochkrempeln‘“.
Einsenderin: Mandy Wittenbecher