Sieger 2023

Die Gewinner und Gewinnerinnen des „Eisenbahner mit Herz“-Wettbewerbs sind auch 2023 wieder leuchtende Beispiele für Zivilcourage und besonderes Engagement, das über den reinen Beruf hinausgeht.

Während ganz Deutschland im Sommer 22 das 9-Euro Ticket nutze, um die Republik zu erkunden, waren es die Eisenbahnerinnen und Eisenbahner, die unter stressigsten Bedingungen ruhig und hilfsbereit für Ihre Kunden da waren.

Prügelnde Störenfriede, verirrte Fahrgäste, ganz besondere Bedürfnisse der Bahnkunden – unsere Preisträger haben in vielen Situationen wieder einmal Herz bewiesen. Dieses Jahr sogar für tierische Passagiere. Viel Spaß mit den Sieger-Geschichten!

Gold: Jochen Dietz

Zugtoiletten sind vielleicht nicht gerade die Lieblingsörtchen von Bahnreisenden – aber doch von unschätzbarem Wert, wenn die Blase unterwegs quengelig wird. Dumm nur, wenn man in einer Straßenbahn sitzt und kein WC an Bord ist … und diese Straßenbahn dann noch mit offenem Ende auf der Strecke feststeckt.

Es hätte so ein klassischer Murphy’s-Law-Tag werden können, als Jochen Dietz die Straßenbahn von Wörth nach Karlsruhe fährt. Für einen älteren Herrn, der dringend zur Toilette muss, droht die Fahrt zur Tortur zu werden. Doch unser Eisenbahner mit Herz zeigt vollen Einsatz – und am Ende verlassen Fahrzeugführer und Fahrgast fröhlich – und in jeder Hinsicht erleichtert – den Zug.

Herr Dietz, wahrscheinlich kennt jeder Mensch das Gefühl, dringend zur Toilette zu müssen - aber keine in der Nähe zu haben. Extrem unangenehm, und ab einem gewissen Punkt ja auch kaum noch zu kontrollieren. Was genau ist Ihnen und dem Fahrgast da passiert?

Ich war mit der Karlsruher S-Bahn, die auch als Straßenbahn verkehrt, zwischen Wörth und Karlsruhe unterwegs. Kurz hinterm Bahnhof Wörth, wo der Straßenbahn- in den S-Bahnbereich übergeht, gab es eine Stellwerksstörung. Dort hatte sich eine Weiche verklemmt. Wir standen also eine halbe Stunde auf der Strecke herum. Nach einer Dreiviertelstunde tat sich immer noch nichts. Wir warteten auf den Entstörungsdienst und steckten in der Zeit fest.

Und es war völlig unklar, wie lange das noch dauert?

Ja, genau. Nach geschlagenen zwei Stunden kam dann ein älterer Fahrgast zu mir und sagte, er müsse dringend zur Toilette. Aber in der Stadtbahn gibt es keine Toilette, denn eigentlich ist die ja immer nur auf kurzen Strecken unterwegs.

Oh je. Was konnten Sie denn tun außer dem älteren Fahrgast zu raten, noch ein wenig durchzuhalten?

Das war natürlich erst mal blöd. Was macht man da, wenn man auf der freien Strecke vorm nächsten Bahnhof feststeckt? Ich hatte dann die Idee, den Fahrdienst in Wörth anzurufen. In den alten Bahnhöfen gibt es noch Weichenwärter – und die müssen ja auch zur Toilette. Also habe ich nachgefragt, ob ich mit dem Fahrgast zum Wärterhäuschen kommen und die Toilette benutzen darf.

Steckbrief

Jochen Dietz

Unternehmen: Albtal-Vekehrs-Gesellschaft mbH
Bundesland: Baden-Württemberg
Einsatzgebiet: Raum Karlsruhe

Auf so eine Idee muss man ja auch erst mal kommen! Aber wie sind Sie dann vom Gleis aus da hingekommen, ohne sich und den Fahrgast in Gefahr zu bringen?

Gut war ja schonmal, dass uns wegen der Stellwerksstörung keine anderen Züge entgegenkommen konnten. Sicherheitshalber habe ich uns beiden eine Warnweste umgelegt, denn wir mussten ja zunächst mal am Gleis entlanglaufen. Dann kam die nächste Hürde. Wir mussten über eine Leitplanke klettern, um auf die Straße zu kommen. Und der ältere Fahrgast war ja nicht mehr so beweglich. Mit über 80 könnte ich auch nicht mal eben über eine Leitplanke hüpfen. Ich habe dem Herrn dann erst mal geholfen sicher über die Gleise und dann über die Leitplanke auf die Straße zu kommen. Auf der Straße haben wir vorsichtig einige Hundert Meter zum Wärterhäuschen zurückgelegt, und der Fahrgast konnte endlich zur Toilette gehen.

Was für ein Abenteuer…und dann wieder der ganze Weg zurück zum Zug!

Der Rückweg war natürlich etwas entspannter für den Fahrgast. Nach diesem Abenteuer hatte er erst mal Durst, nur leider nichts zu trinken dabei. Zum Glück habe ich immer zwei Flaschen Wasser bei mir. Also habe ich ihm eine abgegeben. Der Fahrgast war daraufhin total begeistert. Seine Frau und er haben sich so über meine Hilfe gefreut und waren immer noch wirklich lustig drauf, als wir nach zweieinhalb Stunden Stillstand endlich weiterfahren konnten. Am Ende sind die beiden richtig glücklich in Karlsruhe angekommen.

Eisenbahner mit Herz 2023: Jochen Dietz

Kein Wunder, Sie haben ja auch wirklich alles gegeben.

Ich mache den Job einfach gerne. Wir haben in den Straßenbahnen immer noch Kontakt zu den Kunden, und sie können uns über die Schulter schauen. Die Kinder winken uns von draußen zu. Das macht wirklich Spaß. Wir sind bei der AVG sowohl Straßenbahn als auch Eisenbahn. Und das beides zusammen macht den Beruf so wahnsinnig interessant.

Was bedeutet es Ihnen, dass Sie jetzt Gold-Sieger des Eisenbahner-mit-Herz-Wettbewerbs sind?

Allein die Nominierung war für mich schon eine Auszeichnung. Dass ich jetzt auch noch diesen Wettbewerb gewonnen habe, das ist kaum in Worte zu fassen. Es ist einfach super! Wir haben im Alltag schon auch viel Stress und derzeit viele Störungen. Wenn wir es trotzdem schaffen, dass die Kundinnen und Kunden nach ihrer Fahrt zufrieden sind und sie uns eine positive Rückmeldung geben, dann ist das für uns ein Sechser im Lotto. Dann weiß ich, ich habe an dem Tag alles richtig gemacht und kann zufrieden Feierabend machen. Deshalb ist diese Auszeichnung wirklich das Highlight in meiner bisherigen Karriere.

Und sicher nicht das letzte, lieber Herr Dietz. Wir gratulieren Ihnen ganz herzlich zum Eisenbahner mit Herz. Vielen Dank für Ihr Engagement!

Silber: Kirstin Schley

Kirstin Schley ist seit 2014 Kundenbetreuerin bei DB Regio. Sie ist zwischen Homburg und Kaiserslautern im Einsatz und sorgt dafür, dass die Fahrgäste möglichst bequem und sicher von A nach B kommen. Bei Verspätungen schaut sie nach Anschlusszügen, sie kontrolliert Tickets und unterstützt Menschen an Bord, die Hilfe beim Ein- und Aussteigen in den Zug benötigen.

Frau Schley, erst mal ganz herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Auszeichnung! Erzählen Sie doch mal, wie es dazu kam, dass Sie bei einer Reisenden einen so positiven Eindruck hinterlassen haben.

Im Grunde war es ein ganz normaler Arbeitstag, und ich war abends im letzten Zug von Pirmasens nach Saarbrücken unterwegs. Bei der Fahrkartenkontrolle habe ich eine Frau im Rollstuhl getroffen und wir haben festgestellt, dass sie im falschen Zug sitzt.

Oh nein, wie ist das denn passiert?

Naja, also sie wollte eigentlich in die Gegenrichtung, nach Kaiserslautern, ist aber in den falschen Zug gestiegen. Das war insofern doppelt ärgerlich, weil sie schon ein Fernbus-Ticket von Kaiserslautern nach Dresden gebucht hatte. Aber um diese Zeit hätte sie keine Chance mehr gehabt nach Kaiserslautern zu kommen, weil der letzte Zug schon abgefahren war. Es sah also so aus, als würde sie in Saarbrücken stranden und die Nacht am Bahnhof verbringen müssen.

Steckbrief

Kirstin Schley

Unternehmen: DB Regio AG Mitte
Bundesland: Rheinland-Pfalz
Einsatzgebiet: Homburg, Saarbrücken, Kaiserslautern

Keine sehr angenehme Vorstellung...

Ja, allerdings. Die Frau war verständlicherweise ziemlich aufgelöst, und ich habe versucht sie erst mal zu beruhigen. Ich hab ihr erklärt, dass wir jetzt gemeinsam schauen, ob es nicht doch irgendeine Möglichkeit gibt, nach Dresden zu kommen. Dann habe ich tatsächlich einen Bus gefunden, der nachts um 1.00 Uhr von Saarbrücken nach Dresden fahren sollte. Aber die Frau hatte kein Geld mehr dabei, um den Bus zu buchen.

Das klingt aber auch nach zu viel Pech auf einmal.

Ich habe dann kurz überlegt und habe einfach selbst das Ticket für sie gebucht und aus eigener Tasche bezahlt.

Wow, das ist aber auch nicht selbstverständlich. Sie konnten ja nicht wissen, ob sie das Geld wirklich wieder bekommen.

Die Frau hat mir zugesagt, dass sie mir das Geld am nächsten Tag oder einen Tag später überweisen würde. Ich hab mir gesagt: Ok, und falls nicht, dann habe ich halt Pech gehabt. Aber ich fand sie sehr vertrauenswürdig. In dem Moment war es mir vor allem wichtig zu helfen.

Eine echte Eisenbahnerin mit Herz!

Als wir in Saarbrücken ankamen, haben wir zusammen geschaut, von wo genau der Bus abfährt. Mit dem Rollstuhl wäre die Frau aber nicht allein zur Haltestelle gekommen. Ich habe ihr dann also noch einen Taxigutschein besorgt, damit sie mitten in der Nacht auch sicher zum Bus kommt.

Da waren Sie aber wirklich eine große Hilfe. Und dann sind Sie hoffentlich in Ihren wohlverdienten Feierabend gegangen?

Zuerst habe ich noch Telefonnummern mit der Reisenden ausgetauscht. Ich wollte ja am nächsten Morgen wissen, ob sie auch gut in Dresden angekommen ist. Und dann hat sie sich auch bei mir gemeldet und mir gesagt, dass alles gut geklappt hat und sich bedankt. Einen Tag später hatte ich sogar schon das Geld von ihr auf meinem Konto.

Das ist eine wirklich schöne Geschichte. Was bedeutet es Ihnen, dass Sie jetzt als Eisenbahnerin mit Herz dafür ausgezeichnet werden?

Das ist für mich eine tolle Anerkennung. Ich freue mich darüber und bin auch stolz auf den Preis. Man hilft ja eigentlich täglich Menschen, wenn man als Kundenbetreuerin bei der Bahn arbeitet. Im Normalfall gehen die einzelnen Taten aber eher ein bisschen verloren. In diesem Fall hatte ich das Glück, dass sich jemand gemeldet und mich nominiert hat. Ich nehme den Preis auch stellvertretend für meine Kolleginnen und Kollegen entgegen, die genau wie ich täglich den Reisenden helfen. Ob es nun um ein liegengebliebenes Handy geht oder ob man einem Fahrgast sein Ladekabel leiht – irgendwas ist ja immer. Und es ist schön, wenn diese Arbeit anerkannt und honoriert wird.

Wir freuen uns mit Ihnen über diese Anerkennung! Vielen Dank für das Gespräch, liebe Frau Schley.

Bronze: Andreas Immekeppel und Sebastian Rösner

Es geht doch nichts über eine ruhige, entspannte Bahnfahrt, auf der man sich einfach zurücklehnen und aus dem Fenster gucken kann. Leider klappt das nicht immer. Im Regionalzug zwischen Coesfeld und Essen beschallen Fahrgäste das ganze Abteil mit ihrer Musik. Der Streit eskaliert, und Zugbegleiter Sebastian Rösner ist mit Lokführer Andreas Immekeppel auf einmal mittendrin.

Herr Immekeppel, Herr Rösner - da muss es ja ordentlich zur Sache gegangen sein an Bord. Was genau ist passiert?

Andreas Immekeppel: Ja, also es war ein ziemlich heißer, stickiger Sommertag. Die Menschen an Bord hatten eh schon eine relativ kurze Zündschnur. Im Abteil hinter mir waren massive Randale. Und als ich mich umdrehte, sah ich einen Fahrgast mit blutgetränktem T-Shirt.

Uff, das sieht man ja zum Glück auch nicht jeden Tag.

Sebastian Rösner: Ja, das sah ziemlich unschön aus. Der blutende Fahrgast hatte eine aufgeplatzte Nase und eine aufgeplatzte Lippe. Dem habe ich erst mal geholfen, habe ihn verarztet und mir dann Andreas Immekeppel zur Verstärkung gerufen, damit wir die Störenfriede aus dem Zug rausbekommen.

Andreas Immekeppel: Genau, und dann habe ich die beiden Streitparteien voneinander getrennt. Natürlich wollte keiner schuld sein, ist ja immer so, dass natürlich nur „Unschulds- lämmer” an solchen Auseinandersetzungen beteiligt sind. Ich hab mich dann entschieden, vier dieser „Unschuldslämmer” an die frische Luft zu setzen, damit die mal ein bisschen ausdünsten können.

Steckbrief

Andreas Immekeppel und Sebastian Rösner

Unternehmen: RheinRuhrBahn (transdev)
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Einsatzgebiet: Essen − Borken

Hatten Sie keine Angst, dass Sie in dem Gerangel selber verletzt werden?

Sebastian Rösner: Mein erster Gedanke war wirklich dem Menschen zu helfen, der da gerade geschlagen wurde und blutete. Man muss in solchen Situationen einfach selbstbewusst auf Menschen zugehen können. Denn Auseinandersetzungen zwischen Fahrgästen kommen leider gar nicht so selten vor.

Andreas Immekeppel: Angst hatte ich auch nicht. Das gehört einfach dazu. Es ist ja unsere Aufgabe, für Sicherheit zu sorgen. Also habe ich im nächsten Bahnhof die Tür aufgemacht und die relativ muskulösen, gut gebauten Herren vor die Tür gesetzt. Die Tür ging wieder zu, und die standen relativ verdutzt auf dem Bahnsteig. Für den Rest des Zuges ging es dann friedlich weiter.

Eisenbahner mit Herz 23: Andreas Immekeppel und Sebastian Rösner

Klingt so, als wären Sie beide die perfekte Besetzung auch für schwierige Situationen. Haben Sie immer in der Bahnbranche gearbeitet?

Andreas Immekeppel: Nein, gar nicht. Ich habe mit über 50 Jahren als Dozent an einer Hochschule aufgehört, um Eisenbahner zu werden. Ich wollte das eigentlich früher schon, dann habe ich es einfach gemacht. Und es ist toll, weil wirklich jeder Tag anders ist. Manchmal sorgen die Fahrzeuge für kreative Abwechslung, mal die Fahrgäste oder auch die Kollegen. Es ist ein Zusammenspiel von vielen Zahnrädern, und es wundert mich jedes Mal und freut mich, wenn die Zahnräder tatsächlich auch die Maschine nach vorne bewegen.

Sebastian Rösner: Ich habe vorher in der Gastronomie gearbeitet, das war ein sehr stressiger Job. Ich habe immer gerne Kontakt zu anderen Menschen gehabt und wollte den auch weiterhin haben. Freunde und Bekannte haben mich auf die Idee gebracht, zur Eisenbahn zu gehen. Und das habe ich bis heute nicht bereut. Die Auszeichnung ist jetzt eine schöne Bestätigung dafür, dass meine Kollegen und ich einen guten Job machen.

Vielen Dank an Sie beide für Ihren Einsatz! Und ganz herzlichen Glückwunsch, dass Sie jetzt zu unseren Eisenbahnern mit Herz gehören.

Publikumspreis: Tolga Özgül

Herr Özgül, was war Ihre erste Reaktion, als Sie die Situation bemerkt haben?

Ich habe sofort gespürt, dass die Frau total verängstigt war. Sie war in einer Schockstarre, ihr sind die Tränen gelaufen, und sie hat gar nicht mehr auf die obszönen Gesten und derben Sprüche der beiden sehr kräftigen Männer reagiert. Die beiden hatten sie in eine Ecke gedrängt, in der es keine Videoüberwachung gibt - sicher auch kein Zufall. Die Männer kamen ihr immer näher und haben die Frau auch angefasst. Ich musste schnell dazwischengehen.

Nun waren Sie allein unterwegs, und die Männer hätten auch Sie ziemlich leicht angreifen können.

Die beiden waren mir definitiv körperlich überlegen. Aber ich stand unter Adrenalin und habe so getan, als würde ich die Polizei alarmieren und als wären die Polizisten schon auf dem Weg. Ich wollte die Täter in Panik versetzen, damit sie weg-laufen. Das hat dann auch geklappt, und ich konnte erst mal die Frau beruhigen. Eine Touristin aus Taiwan, wie ich später erfahren habe. Wir konnten nur Englisch miteinander sprechen, aber ich habe ihr zu verstehen gegeben, dass sie jetzt keine Angst mehr haben muss.

Ein Glück. Es war wirklich mutig von Ihnen dazwischenzugehen.

Ich würde mir eigentlich wünschen, dass alle so reagieren würden. Ich war schon überrascht, dass Menschen diese
Situation gesehen haben und einfach weitergelaufen sind. Die Frau hat sich später noch per Mail bei mir bedankt und ich habe ihr geschrieben, dass die Täter jetzt gefasst worden sind. Das habe ich von der Bundespolizei erfahren. Ich bin wirklich froh, dass ich helfen konnte.

Danke, Herr Özgül. Hoffen wir, dass Ihre Zivilcourage auch andere inspiriert. Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Auszeichnung!

Die Landessieger: Sieben mal toller Einsatz

Landessieger Baden-Württemberg

 

Eisenbahner mit Herz 2022 - Heinz Korte

Mario Bidlingmaier

DB Fernverkehr

 

Geburt im ICE

 

Inan Aydin reist mit dem ICE von Paris nach Stuttgart. Eine ganz normale Zugfahrt für die Bahnfahrerin, erst mal nicht der Rede wert. Bis eine Durchsage von Zugchef Mario Bidlingmaier die wohlige Routine durcheinander bringt. Bei einer Mitreisenden haben überraschend die Wehen eingesetzt. Sie braucht dringend medizinische Hilfe.

 

Plötzlich ist alles anders: Der Zug wird zu einem Bahnhof in Lothringen umgeleitet, medizinische Hilfe ist auf dem Weg. Zugchef Mario Bidlingmaier hat alle Hände voll zu tun, alles zu koordinieren. Die junge Frau kann nicht mehr in ein Krankenhaus gebracht werden, die Geburt ist schon zu weit fortgeschritten. Das Baby kommt also in einem leergeräumten ICE-Abteil zur Welt.

 

Mario Bidlingmaier hält die Fahrgäste mit Durchsagen auf dem Laufenden. Während der Geburt hilft er beim Dolmetschen zwischen den französischen Rettungskräften und der werdenden Mutter, die aus Deutschland kommt. Trotz der stressigen Situation bleibt Mario Bidlingmaier ruhig und freundlich. Das beeindruckt auch unsere Reisende Inan Aydin: „Meiner Meinung nach verdient so ein Einsatz eine besondere Auszeichnung. Letztlich haben die DB und Mario Bidlingmaier einer Familie ein Leben geschenkt – da nimmt man ausnahmsweise auch eine Verspätung gerne in Kauf!“

Landessieger Bayern

 

Eisenbahner mit Herz 2022 - Mirko Schrickel

Dietmar Strobel

DB Regio Bayern

 

24/7 im Einsatz

 

Es ist eine uralte Tradition: Seit dem 17. Jahrhundert werden in Oberammergau alle zehn Jahre die Passionsspiele aufgeführt. 2022 ist es wieder soweit. Nach einer Vorstellung am Samstagabend pilgern viele Zuschauerinnen und Zuschauer zum Bus. Denn zwischen Oberammergau und Murnau gibt es gerade Schienenersatzverkehr. Erst in Murnau wartet die Regionalbahn auf die Fahrgäste.

 

Nach einem schönen Abend folgt dann die Ernüchterung: Der Bus ist defekt, der Schienenersatzverkehr fällt aus. Dutzende Reisende drohen in Oberammergau zu stranden. Aber sie haben Glück. Denn unter ihnen ist auch Dietmar Strobel, Mitarbeiter von DB Regio. Eigentlich hat er seinen freien Tag und will genauso nach Hause kommen wie die übrigen Fahrgäste auch. Freizeit hin oder her, Dietmar Strobel nimmt jetzt die Zügel in die Hand und versucht einen Ersatzbus zu organisieren. Er telefoniert hin und her, hält die wartenden Fahrgäste auf dem Laufenden – und hat schließlich Erfolg: Er schafft es, dass zwei Busse kommen und alle zur Regionalbahn nach Murnau bringen. Die Bahn wartet auf die verspäteten Fahrgäste, auch darum hat sich Dietmar Strobel gekümmert.

 

„So einen tollen Dienst am Bahnreisenden wünschte ich mir immer“, schreibt uns Jens-Christian Koch. Und auch Bärbel Schmid meint: „Er war einfach super engagiert und sehr nett. Klasse! Ein echter Eisenbahner mit Herz!“

Landessiegerin Brandenburg

 

Eisenbahner mit Herz 2022 - Marko Hempel

Irina Lindner

ODEG

 

Sturmfeste Eisenbahnerin

 

Ein Sturm fegt im Februar 2022 über weite Teile Deutschlands und Europas hinweg. Tief Zeynep wirbelt auch den Fahrplan auf der Schiene kräftig durcheinander. Zwischen Berlin und Stendal wird die Strecke sicherheitshalber gesperrt. Ab Mitternacht geht gar nichts mehr.

 

Für unseren Einsender Daniel Masera heißt das: Er steckt zusammen mit den anderen Fahrgästen fest. Sie müssen mit dem Regionalexpress wegen des Sturms im Bahnhof Elstal stehen bleiben. Es gibt weder Essen noch Trinken an Bord. Der Zug kann auch nicht evakuiert werden. Taxis und Busse stehen genauso still. Es sieht nach einer sehr ungemütlichen Nacht aus.

 

Zugbegleiterin Irina Lindner will es den Fahrgästen wenigstens so angenehm wie möglich machen. Zusammen mit einem der Reisenden läuft sie zu später Stunde durch den Sturm zur nächsten Tankstelle. Sie kauft von ihrem Geld Proviant und Getränke für die Fahrgäste. Die schätzen sich sehr glücklich, denn die Zugfahrt geht erst am nächsten Morgen, nach neun Stunden Stillstand, weiter. Unser Einsender Daniel Masera findet: „Sie hat sehr vorbildlich gehandelt und war die ganze Nacht für uns Fahrgäste da.“

Landessieger Hamburg

 

Eisenbahner mit Herz 2022 - Nadine Gelencsér

Florian Saß

DB Station&Service

 

Ende gut, alles gut

 

Unsere Einsenderin Angelika Tarhaus ist mit dem InterCity von Gelsenkirchen an die Ostsee unterwegs. Bis Hamburg läuft alles reibungslos, doch dann stockt es. Die Weiterfahrt verzögert sich, weil eine Person auf den Gleisen unterwegs ist. Angelika Tarhaus und die anderen Fahrgäste warten erst 30, dann 60 Minuten.

 

Angelika Tarhaus braucht frische Luft. Sie stellt sich auf den Bahnsteig und telefoniert nebenbei. Als sie sich kurz umschaut, kriegt sie einen Schreck. Die Türen des Zuges schließen sich – und lassen sich auch nicht mehr öffnen. Der Zug fährt einfach vor ihrer Nase ab – und mit ihm auch ihr Koffer und ihr Rucksack. Jetzt ist Angelika Tarhaus richtig verzweifelt.

 

Doch sie hat Glück im Unglück. Am Infoschalter der DB trifft sie auf Florian Saß. Der beruhigt sie und kümmert sich dann umgehend darum, dass Angelika Tarhaus zu ihrer Reha an die Ostsee kommt – und ihr Gepäck dort bereits wie ein Empfangskomitee auf sie wartet. Florian Saß ruft unsere Reisende später sogar an und fragt nach, ob alles gut geklappt hat. Die ist rundum glücklich und schreibt uns: „Daher wünsche ich ihm, in die Reihe der Eisenbahner mit Herz aufgenommen zu werden.“ Das hat dann schonmal geklappt!

Landessieger Hessen

 

Eisenbahner mit Herz 2022 - Nadine Gelencsér

Mike Menger

DB Fernverkehr

 

Kaputt macht kreativ

 

Mit Fahrrad im ICE zu verreisen ist ja an und für sich schon ein kleines Abenteuer. Unser Einsender Bernd Unterburger ist mit zwei Freunden und drei Rädern nach Würzburg unterwegs. Kurz bevor sie aussteigen wollen, wartet allerdings eine schlechte Nachricht auf sie: Denn die rechte Tür des Fahrradabteils, zu der die Fahrgäste mit ihren Rädern aussteigen müssen, ist defekt. Darauf stimmt Zugbegleiter Mike Menger die Fahrgäste vorsichtig ein. Als Alternative schlägt er vor, dass die drei Herren ihre Räder durch das Zugabteil schieben, um an der nächsten Tür auszusteigen. Wirklich attraktiv ist diese Option aber nicht – denn der Zug ist voll besetzt.

 

Doch dann hat Mike Menger eine viel bessere Idee. Wenn der Zug in Würzburg auf ein anderes Gleis umgeleitet werden könnte, dann könnten die Fahrradfahrer durch die funktionierende Tür ihres Abteils aussteigen, ohne ihre Räder durch den Zug zu schieben.

 

Mike Menger telefoniert mit der Leitzentrale in Würzburg und bittet darum, kurzfristig auf das gegenüberliegende Gleis am selben Bahnsteig umgeleitet zu werden. Und tatsächlich, das Gleis ist noch frei – und es klappt. Eine große Erleichterung für Bernd Unterburger und seine Freunde, die kurz darauf ganz bequem aus dem Zug aussteigen können. Anschließend schreibt uns Bernd Unterburger: „Das war von Mike Menger eine hervorragende Dienstleistung am Bahnkunden, die sicherlich nicht alltäglich zu erwarten ist. Dafür möchten wir auch an dieser Stelle unseren herzlichen Dank ausdrücken!“

Landessieger Niedersachsen

 

Eisenbahner mit Herz 2022 - Nadine Gelencsér

Eva-Juliane Hoffmann

DB Fernverkehr

 

Im Sprint zur Eisenbahnerin mit Herz

 

Jonas Wernz möchte mit dem ICE von Berlin nach Aachen reisen. Leider hat der erste der beiden Züge schon 40 Minuten Verspätung angesammelt. Unser Einsender hat Zweifel, dass er seinen Anschluss-ICE in Köln noch erreicht.

 

Dann kommt eine gute Nachricht: Der ICE aus Berlin wird extra auf das Gleis gegenüber geleitet, damit die Reisenden schneller umsteigen können. Jonas Wernz ist erleichtert. Doch als der ICE aus Berlin in den Kölner Hauptbahnhof einfährt, fährt just in diesem Moment der ICE nach Aachen los. Der Anschluss scheint verloren.

 

Das will Zugchefin Eva-Juliane Hoffmann nicht hinnehmen. Sie rennt dem fahrenden ICE hinterher und schafft es, dass er noch einmal anhält. Jonas Wernz ist schwer beeindruckt: „Ich habe noch nie eine Zugchefin im Sprint auf die Abfertigung am Bahnsteig zulaufen sehen, aber heute war es soweit. Sie hat alles gegeben, was man als Gastgeberin nur für die Fahrgäste tun kann. Und ob es jetzt ihr Einsatz bei der Abfertigung war oder ihre Kollegen in der Fahrdienstleitung… der ICE hat wirklich nochmal gehalten und uns mitgenommen – und ich habe mich wieder in die Eisenbahner verliebt. Danke, dass ihr rausholt, was noch geht.“

Landessieger Sachsen-Anhalt

 

Eisenbahner mit Herz 2022 - Nadine Gelencsér

Thomas Lehmann

ODEG

 

Gelungene Heimfahrt nach dem Urlaub

 

Monika Habich und ihr Mann kommen gerade aus dem Urlaub zurück und möchten jetzt mit dem Regionalzug vom Flughafen BER nach Stendal. Von dort soll sie ein Taxi nach Hause bringen.

 

Doch die Heimreise droht stressig zu werden. Der Flug verspätet sich, und das Paar bekommt gerade noch so den letzten Zug nach Stendal. Monika Habich hat nun die Befürchtung, dass es zu so später Stunde gar keine wartenden Taxis mehr in Stendal gibt. Das erzählt sie dann auch Zugbegleiter Thomas Lehmann, als der ihre Fahrkarte kontrolliert.

 

Der Zugbegleiter will dem Ehepaar helfen. Er versucht sofort ein Taxiunternehmen in Stendal zu kontaktieren. Das einzige wartende Taxi ist tatsächlich schon vorbestellt. Doch Thomas Lehmann lässt nicht locker. Am Ende schafft er es, ein Taxi für Monika Habich und ihren Mann zu organisieren. In Stendal begleitet er sie sogar dorthin, weil er sichergehen will, dass auch wirklich alles geklappt hat.

 

Monika Habich schreibt uns später: „Wir möchten uns mit dieser Nominierung noch einmal bei Herrn Lehmann bedanken. Er ist ein echter Eisenbahner mit Herz.“