Gemeinsam mit dem Waggonvermieter Transwaggon hat der Holz-Lieferant Mercer Holz einen neuen Rundholzwagen gebaut. Die Waggons sind leichter und leiser und bringen bei gleicher Zuglänge satte 50 Prozent mehr Ladung auf die Schiene. Im Interview mit der Allianz pro Schiene spricht Transwaggon-Geschäftsführer Carsten Schiering über die Herausforderungen des Projekts.
Knapp vier Millionen Festmeter Holz fährt Mercer Holz pro Jahr ins Tochterwerk Zellstoff Stendal. Zwischen zwei und drei Tagen sind die Züge unterwegs, je nachdem, ob das Holz von den europäischen Ostseehäfen, Polen oder aus dem Süden der Bundesrepublik nach Arneburg in Sachsen-Anhalt gebracht wird. Im Werk wird das Holz zu Kraftzellstoff verarbeitet, der Rohstoff für die Papierindustrie.
Seit zwölf Jahren arbeitet Mercer Holz mit dem Hamburger Waggonvermieter Transwaggon zusammen. Die Zeit war reif für eine Modernisierung der Flotte, die bisher aus Laas-Exte-Wagen bestand. Die Vorgaben für die neuen Rundholzwagen: Deutlich mehr Ladung sollten sie fahren können und flexibel in verschiedenen Ländern einsetzbar sein.
Skandinavische aber auch außereuropäische Lösungen für den Rundholztransport per Bahn haben bei Mercer die ersten Ideen geliefert. Zusammen mit den Experten von Transwaggon startete man in die Entwicklung. “Die Impulse unseres Kunden waren eine gute Starthilfe. Die Projektgruppe, bei der auch die Hersteller Travagònka Poprad und ExTe mit an Bord waren, hat sehr konzentriert und professionell an der Umsetzung gearbeitet. Das Projekt bekam mit der Zeit eine Art Prestige-Charakter, zumal es in der Ausschreibungsphase auch gegen andere Anbieter ging. Am Ende stand der Auftrag für mehr als 200 Waggons“, erzählt Carsten Schiering, Geschäftsführer bei Transwaggon.
Stabilität, Ladegewicht, Variabilität, Anschaffungs- und Instandhaltungsaufwände und mehr – die Anforderungen mussten zwischen Kunde, Waggonvermieter und Hersteller klar kommuniziert werden. Heraus kam jedoch mehr als ein rollender Kompromiss. Mit den neuen Zügen können Mercer und Transwaggon 50 Prozent mehr Holz transportieren, wie Jürgen Köhler, Abteilungsleiter der Mercer-Holzlogistik, preisgibt. So ersetzt ein Zug mit 26 der neuen Rundholzwagen etwa 60 Lkw.
Der Mercer-Rundholzwagen ist wesentlich leichter als die vormals eingesetzten Laas-Exte-Wagen. Das geringe Eigengewicht sorgt für eine zusätzliche Ladekapazität von bis zu 13 Tonnen. Die Rungen – das sind die Haltestangen, die die Ladung sichern – haben eine neue Form, die es zudem erlaubt, deutlich größere Holzstöße zu laden, die auch enger zusammen liegen. Stirnwände können bei Bedarf in den Rundholzwagen eingesetzt werden. Das spart einerseits Gewicht, ermöglicht andererseits einen sehr flexiblen Einsatz der Waggons. Auch internationale Relationen können so bedient werden, nach Schweden, die Niederlande, Polen, Tschechien, die Slowakei und nach Österreich. K-Sohlen reduzieren den Schienenlärm um bis zu 10 Dezibel. Knapp vier Jahre dauerte es von der ersten Idee bis zum fertigen Waggon. Im August 2016 rollte dann der erste Mercer-Rundholzwagen ins Arneburger Zellstoffwerk.
„Durch die Entwicklung des neuen Rundholzwagens setzt sich die Zusammenarbeit mit unserem Kunden auf lange Sicht fort“, freut sich Schiering. „Dass die Wagen unserer Flotte die Handschrift unserer Kunden tragen, ist bei Transwaggon nicht selten. Als Waggonvermieter möchten wir die bestmöglichen Wagen bereitstellen.“ Bei Mercer Holz Nord ist man hochzufrieden. Nach den guten Erfahrungen wird man ab Ende des Jahres auch das zweite Zellstoffwerk in Blankenstein (Saale) per Schiene beliefern. Zweimal die Woche bekommen die Holzhacker dann Nachschub über die Schiene.
Welche Empfehlungen gibt es für Kunden, die über ähnliche Maßnahmen nachdenken? „Man muss ganz klar langfristig denken und handeln. Das Wirtschaftsgut muss auch nach über 20 Jahren noch am Markt bestehen können. Von der ersten Idee bis zur Auslieferung dauert es schon mindestens 24 Monate“, erklärt der Transwaggon-Geschäftsführer. „Klare Vorgaben sind wichtig. Dabei sollte man vor allem auch die innerbetrieblichen Abläufe des Kunden im Fokus behalten. Sich dabei an der intermodalen Waggontechnik oder dem Automotivebereich zu orientieren wäre eher der falsche Ansatz, denn es geht um einen konventionellen Waggon, der in einem sehr harten Umfeld – was die Umschlagstechnik angeht – bestehen muss. Think out of the box.“ Mit diesem Ansatz schafften es Transwaggon und Mercer Holz Nord mit ihrem Rundholzwagen in diesem Jahr sogar auf die InnoTrans.