Stellen Sie sich vor,
schwer bepackt mit zahlreichen Weihnachtsgeschenken machen Sie sich auf den Weg zu ihrer Familie. Der Zug wartet schon am Gleis, schnell springen Sie hinein. Wann fährt der eigentlich ab? Sie steigen kurz aus, um einen Blick auf die Anzeigetafel zu werfen. Plötzlich piept es. Die Türen schließen sich, der Zug rollt los. Ohne Sie, aber mit ihren Geschenken.
So schilderte es uns Thomas Görke, unterwegs von Uelzen nach Magdeburg. Die Weihnachtskatastrophe blieb jedoch aus, denn er traf einen Eisenbahner mit Herz. DB Informations-Mitarbeiter Rüdiger Bryx organisierte die Rettung: Das Zugpersonal sammelte Gepäck und Geschenke schnell ein und übergab sie später der Magdeburger Bahnhofsmission. Überglücklich holte Herr Görke sie dann dort ab, als er mit dem nächsten Zug nachkam. Er nominierte seinen Weihnachtsretter für den Eisenbahner mit Herz: „Rüdiger Bryx von der Information Uelzen ist für mich ein Held des Alltags.“
Haben Sie auch einen beherzten Bahner getroffen? Schreiben Sie uns. Die Frist für die Nominierung läuft noch bis zum 31. Januar. Ich wünsche Ihnen ein Frohes Neues Jahr und viel Vergnügen bei der Lektüre des Januar-Newsletters der Allianz pro Schiene.
Zulassung mit der Brechstange
Die fünfjährige Gigaliner-Testphase ist vorüber. Minister Dobrindt hatte es schon vorher der Lkw-Lobby versprochen: Er will den Regelbetrieb für die Riesen-Laster. Eine entsprechende Verordnung trat wenige Tage vor dem Jahreswechsel in Kraft. Jetzt gibt es Zoff in der Bundesregierung, denn eine Abstimmung mit den anderen Ministerien gab es offenbar nicht. So hält das Bundesumweltministerium Dobrindts Gigaliner-Zulassung für eine „schwerwiegende umwelt- und verkehrspolitische Fehlentscheidung“. Denn egal wie man es dreht: Der Riesen-Lkw ist vor allem ein Geschenk für die Lkw-Industrie. Einer wissenschaftlichen Studie der TU Berlin und der TH Wildau nach hat die Zulassung des Riesen-Lkw zusätzliche 7.000 Lkw-Fahrten zur Folge. Jeden Tag. Die Verbilligung des Straßentransports ist für die Verkehrswende das völlig falsche Signal. Deshalb prüfen wir rechtliche Schritte gegen die umstrittene Ministerverordnung.
Verbot lauter Güterwagen: Vorsicht Details
Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Verbot lauter Güterwagen wurde in dieser Woche nur mit unwesentlichen Änderungen gegenüber dem Referentenentwurf vom Herbst dem Bundesrat zugeleitet. Wir freuen uns über die zügigen Fortschritte zur Minderung des Schienenlärms, der Teufel steckt aber im Detail: Laute Güterwagen sollen zwar generell verboten, in Ausnahmefällen jedoch durch Tempolimits leiser gemacht werden. Mit dieser Ausnahme will man Konflikte mit dem EU-Recht vermeiden. Das Problem: Züge mit lauten Güterwagen werden zwar durch ein Tempolimit leise, aber sie verstopfen auch das Netz und dann wird es für alle sehr kompliziert. Es geht also darum Wege zu finden, dass es in der Praxis möglichst gar nicht erst zu langsamen Güterzügen kommt. Dabei helfen könnte etwa ein spürbarer Aufschlag auf langsame Züge. Wir werden das weitere Gesetzgebungsverfahren dazu nutzen, die Politik davon zu überzeugen.
Neue Marktuntersuchung
Der Eisenbahnverkehrsmarkt wächst, wenn auch nur gering. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Marktuntersuchung der Bundesnetzagentur. Für Eisenbahnunternehmen bleibt es dennoch ein schwieriges Geschäft. Im Schienenpersonennahverkehr etwa erzielten nur 53 Prozent der Unternehmen ein positives Betriebsergebnis. Vor allem kleinere Unternehmen konnten sich mit ihren Geschäftsmodellen nicht durchsetzen. Im Schienengüterverkehr sind es dagegen gerade die Privat-Bahnen, die im Wettbewerb ordentlich zulegen. 2015 stieg ihr Anteil an der Verkehrsleistung auf 41 Prozent. Wie steht es um den Eisenbahnmarkt in Deutschland? Wir stellen Ihnen die wichtigsten Punkte der Marktuntersuchung vor.
EU-Parlament öffnet nationale Eisenbahnmärkte
Mitte Dezember hat das Europäische Parlament das vierte Eisenbahnpaket verabschiedet. Ab Ende 2019 sollen standardisierte Vergabeverfahren den Wettbewerb bei der Eisenbahn auf europäischer Ebene ankurbeln. Die Ausschreibungen stehen allen Eisenbahnverkehrsunternehmen der EU-Mitgliedsstaaten offen. Allerdings sind Direktvergaben noch bis 2024 mit einer Vertragslaufzeit von 10 Jahren möglich. Auch Teilleistungen können zukünftig von EU-Wettbewerbern erbracht werden. Ab Ende 2019 sollen alle Eisenbahnunternehmen in der EU das Recht erhalten, kommerzielle Schienenverkehrsdienstleistungen in der gesamten EU anzubieten.
Empörung in Hamburg
Unser Bundesländerindex Mobilität & Umwelt sorgte bundesweit für hohe Wellen. Besonders stürmisch ging es in Hamburg zu, denn die Hansestadt landete auch in diesem Jahr wieder auf dem letzten Platz. „Hamburg ist dreckig und laut!“ las man in der Großstadtpresse. Die Hamburger selbst überraschte das nicht, wie RTL in einer kleinen Umfrage herausfand. Und die Opposition bescheinigte dem Senat unverzüglich „Versagen bei der Mobilitäts-Gestaltung“. Die Hamburger Verkehrsbehörde dagegen ließ den Sturm mit geschlossenen Schotten an sich vorüberziehen. Gegenüber dem NDR merkte man lediglich an, unsere Studie sei „nicht nachvollziehbar“. Dabei sollte die Erkenntnis sein: Es ist Zeit zum Umsteuern. Der Bundesländerindex zeigt die verkehrspolitischen Riffe und Klima-Untiefen, die es zu überwinden gilt. Hier erfahren Sie, wie Ihr Bundesland abgeschnitten hat.
Subventionen vs. Verkehrswende
Die umweltschädlichen Subventionen des Verkehrs sind von 24,2 auf 28,6 Mrd. Euro gestiegen. Das geht aus dem heute veröffentlichten Bericht „Umweltschädliche Subventionen in Deutschland“ des Umweltweltbundesamtes (UBA) hervor. Der Verkehr nimmt mit 50 Prozent aller umweltschädlichen Subventionen einen unrühmlichen Spitzenplatz ein. Den größten Anteil an der umweltpolitischen Fehlsteuerung im Verkehr hat mit 7,4 Mrd. Euro das Dieselsteuerprivileg (18,4 Cent pro Liter weniger Energiesteuer als beim Benzin), gefolgt von der kompletten Energiesteuerbefreiung des Flugbenzins (7,1 Mrd. Euro). Wie heißt es so schön im UBA-Bericht: „Subventionen für umweltschädliche Verkehrsträger erhöhen deren Wettbewerbsfähigkeit, so dass ihr Anteil am gesamten Verkehrsaufkommen wächst.“ Die konkreten Vorschläge des UBA, wie Subventionen umwelt- und sozialverträglich abgeschafft werden können finden Sie hier (S. 106ff).
Kontrolle auf der Bordtoilette?
Vielen Dank an mkorsakov für das Bild „Abortüberwachung“, Creative Commons Lizenz BY-NC-SA 2.0
Haben auch Sie etwas Spannendes rund um die Schiene entdeckt? Schicken Sie uns ein Foto und erzählen Sie Ihre Geschichte.
Ich hoffe, unser Newsletter hat Ihnen gefallen. Leiten Sie ihn gerne an Freunde und Kollegen weiter und vernetzen Sie sich mit uns bei facebook, twitter und Xing. Die nächste Ausgabe erscheint Anfang Februar.
28.2. Berlin, 11 bis 15 Uhr: Workshop Mobilitätsmanagement – Ihr Arbeitsweg als erster Schritt in einen umweltfreundlichen Berufsalltag