Berlin, den 11. Juni 2018. Die Allianz pro Schiene legt keine Rechtsmittel gegen das Urteil des Berliner Verwaltungsgerichtes zum Regelbetrieb von Gigalinern auf Deutschlands Straßen ein. „Verkehrspolitisch halten wir die Zulassung der Riesen-Laster weiterhin für falsch, juristisch streichen wir vorerst die Segel“, sagte Allianz pro Schiene-Geschäftsführer Dirk Flege am Montag in Berlin. Sollte die Bundesregierung sich jedoch entschließen, nicht nur sieben Meter längere Lkw, sondern auch schwerere Lkw zuzulassen, werde die Allianz pro Schiene „erneut eine Klage prüfen“. „Wir werden die Lang-Lkw im Auge behalten, schließlich wird aus Kreisen des Lkw-Gewerbes immer wieder die Forderung erhoben, das zulässige Gesamtgewicht auf 60 Tonnen anzuheben“, so Flege.
Das Verkehrsbündnis hatte zusammen mit seinen Mitgliedsverbänden Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und Deutsche Umwelthilfe (DUH) gegen den Regelbetrieb mit überlangen Lastkraftwagen geklagt. Das Verwaltungsgericht Berlin hat die Klage am 18. April abgewiesen, ließ aber wegen der grundsätzlichen Bedeutung sowohl die Berufung als auch die Sprungrevision gegen das Urteil zu. Am heutigen Montag endet die Frist, Rechtsmittel gegen den Richterspruch einzulegen. Gestärkt geht die Allianz pro Schiene als nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannter Umweltverband in punkto Klagebefugnis aus dem Urteil hervor. „Erstmals hat in Deutschland ein Verwaltungsgericht das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 20. Dezember 2017 so umgesetzt, dass daraus ein allgemeines Klagerecht von Umweltverbänden entsteht“, freute sich der Allianz pro Schiene-Geschäftsführer.
Jedes Jahr kommen mehrere Tausend Menschen bei Verkehrsunfällen ums Leben. Die Unfallstatistik des Straßenverkehrs zeigt: Sobald ein Lkw in einen Unfall verwickelt ist, verdoppelt sich das Todesrisiko. Heute ist an jedem fünften tödlichen Verkehrsunfall ein Lkw beteiligt. Je schwerer der Lkw ist, desto gravierender sind die Unfallfolgen. In einigen Nachbarländern sind Gigaliner schon bis zu 60 Tonnen schwer. Ein solcher Laster besitzt bei 80 km/h fast die gleiche Bewegungsenergie wie ein 40-Tonner mit Tempo 100 sowie den entsprechend langen Bremsweg. Sicherheitsrisiken beim Betrieb von Gigalinern sind unter anderem:
Gigaliner führen so zu mehr Verkehr auf unseren Straßen. Wissenschaftliche Studien haben nachgewiesen, dass die Zulassung der überlangen Laster zu rund 7.000 zusätzlichen Lkw-Fahrten jeden Tag führen würde. Damit steigen auch die Umweltbelastungen.
Die Gigaliner-Befürworter halten dagegen: Angeblich ersetzen zwei Gigaliner drei normale LKW, dadurch sollen Kraftstoffverbrauch und Umweltbelastung sinken. Das ist allerdings zu kurz gedacht, denn die Auswirkungen auf den gesamten Güterverkehrsmarkt werden bei dieser Milchmädchenrechnung außer Acht gelassen: Riesen-LKW verbilligen den Transport auf der Straße um bis zu 30 Prozent. Ein völlig falsches Signal für die dringend benötigte Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene.
Das führt erstens dazu, dass Gütertransporte von umweltfreundlicheren Verkehrsmitteln wie Bahn und Binnenschiff auf die Straße verlagert werden. Zweitens wird diese Verbilligung das Wachstum des LKW-Verkehrs zusätzlich anheizen, Experten sprechen hier von „induziertem Verkehr“. Drittens können Riesen-LKW aufgrund ihrer Dimensionen viele Ziele nicht direkt erreichen, so dass zusätzliche Zubringerfahrten erforderlich werden.
Die Straßeninfrastruktur in Deutschland ist nur bedingt für den Einsatz von überlangen Lkw geeignet. Kreuzungen, Kreisverkehre, Tunnel und Rastplätze gehören zur Straßeninfrastruktur und müssten mit gigantischem Aufwand angepasst werden – alles zu Lasten der Steuerzahler. Dabei wird schon heute die Reparatur teils schwerwiegender Straßenschäden aus Geldmangel vernachlässigt. Verantwortlich für die Schäden ist in erster Linie der Schwerverkehr, denn schwere Lkw verursachen überproportional starke Straßenschäden. Zum Vergleich: Ein 40-Tonner belastet die Straßen wie 160.000 PKW.
Wie hoch die Kosten wirklich sein werden, die die Riesen-LKW verursachen, kann heute noch keiner genau sagen. Klar ist nur, dass es sich um viele Milliarden handelt. Und wer soll das alles bezahlen? Die Steuerzahler. All diese Kosten soll die Allgemeinheit tragen, damit die Lkw-Industrie und große Verlader ihren Profit maximieren, nach dem Motto: Gewinne privatisieren, Kosten sozialisieren.