Seit März dieses Jahres rollen sie nicht mehr nur auf deutschen Straßen: die quietschgrünen Fahrzeuge mit dem FlixTrain-Logo. Nachdem das Unternehmen den Fernbus-Markt in Deutschland bereits umgekrempelt hat, drängt es nun auch auf die Schiene. Bisher bietet FlixTrain Zugverbindungen zwischen Stuttgart und Berlin sowie Köln und Hamburg an. Und weil das Angebot bei den Kunden so gut ankommt, fahren ab morgen auf beiden Strecken sogar zwei Züge statt einem. Im Interview verrät FlixTrain-Geschäftsführer Fabian Stenger, was seine Ziele für den Eisenbahnmarkt in Deutschland sind, was er besser machen möchte als seine Wettbewerber und wie die Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn funktioniert.
Herr Stenger, mit FlixBus haben Sie den Fernbusmarkt im Sturm erobert. Was sind Ihre Ziele für den Eisenbahnmarkt in Deutschland?
Mit unseren FlixBussen wollen wir Reisenden eine bezahlbare und umweltfreundliche Alternative zum Auto bieten, dank FlixTrain haben Fahrgäste nun noch mehr Möglichkeiten zu reisen und dabei auf den PKW zu verzichten. Durch die Integration der FlixTrain-Strecken in unser bereits etabliertes Fernbusnetz erhalten Fahrgäste nun noch mehr Reiseoptionen mit rund 600 Zielen in ganz Deutschland. Allgemein gesprochen ist unser Ziel für mehr Wettbewerb im öffentlichen Fernverkehr und somit ein besseres Angebot für Reisende zu sorgen. Wir möchten erreichen, dass möglichst viele Menschen ihr Auto auch mal stehenlassen.
Im Mai 2017 musste der private Bahnanbieter Locomore Insolvenz anmelden. Mit FlixTrain haben Sie das Geschäft Ihres Vorgängers übernommen und sogar noch neue Strecken in Ihren Fahrplan mit aufgenommen. Wie stellen Sie sicher, dass Ihr Unternehmen auf dem Markt besteht?
Wie bei FlixBus setzen wir auch bei FlixTrain auf unser Erfolgskonzept – die Kombination aus Tech-Startup und traditionellem Verkehrsunternehmen. Auf der Straße haben wir bereits gezeigt, dass wir uns mit einem Top-Produkt, starken Partnern und einem motivierten Team auch im harten Wettbewerb durchsetzen können. Mittlerweile haben wir eine sehr starke Marke und dank eines flächendeckenden Angebots auch einen großen Kundenstamm von vielen Millionen Menschen. Die Resonanz auf FlixTrain war in den ersten Monaten sogar so überwältigend, dass wir einen Monat früher als ursprünglich geplant seit 21. Juni einen zweiten Zug auf der Strecke Stuttgart – Berlin einsetzen. Für die Trasse Köln – Hamburg folgt ein zweiter Zug am 19. Juli. Damit fahren auf beiden Strecken jetzt bis zu zweimal täglich FlixTrain-Züge.
Was wollen Sie besser machen als Ihre Wettbewerber?
FlixTrain steht für bezahlbare Mobilität für alle und die gleiche Qualität sowie den gleichen Service wie auch in den FlixBussen. Wir bieten kostenloses WLAN, bequeme Sitze oder die Möglichkeit bis 15 Minuten vor Abfahrt zu stornieren. Außerdem sind die FlixTrain-Strecken bereits in das bestehende Fernbusnetz integriert und werden nach und nach immer besser aufeinander abgestimmt, etwa durch Reduzierung von Wartezeiten bei Umstiegen oder durch Erhöhung der Kapazitäten bei Anschluss-Bussen. Wir sehen am Feedback der Fahrgäste, dass unser Angebot aus Fernbus und -Zug sehr gut ankommt.
Der Anteil der Wettbewerber im Schienenpersonenfernverkehr liegt bei unter einem Prozent. Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit dem Infrastrukturanbieter Deutschen Bahn?
Wie alle EVU beantragt auch FlixTrain den Trassenzugang bei der DB Netz AG. Diese muss nach Vorgaben des Gesetzgebers agieren und entscheidet anhand der vorgegebenen Kriterien. Die Zusammenarbeit mit den Kollegen läuft bisher sehr gut und wir sind zuversichtlich, dass der Wettbewerb weiterhin fair bleibt.
Sie bieten Fahrkarten von Berlin nach Stuttgart ab 9,99€ an. Ist dieser Preis eine Kampfansage an den „Super-Sparpreis“ der Deutschen Bahn?
Bei FlixTrain nutzen wir ein dynamisches Preissystem. Das bedeutet, dass die Höhe des Preises von der Auslastung der jeweiligen Zugverbindung abhängt. Je früher Reisende buchen, desto günstiger ist das Ticket. Von einer Kampfansage würde ich hier aber nicht sprechen. Vielmehr haben FlixTrain und die deutsche Bahn das gleiche Ziel: eine bezahlbare Alternative zum Individualverkehr zu schaffen. Dabei müssen beide Unternehmen ihre Fahrgäste bei jeder Reise aufs Neue von sich überzeugen. Für die Reisenden bringt diese Art des Wettbewerbs natürlich Vorteile, unter anderem auch günstige Einstiegspreise.
Welches Ihrer Angebote ist grüner – der FlixTrain oder der FlixBus?
Einer Studie des Umweltbundesamts zufolge sind sowohl Fernbusse als auch -Züge deutlich umweltschonender als zum Beispiel Autos. Damit bieten wir auf der Schiene und auf der Straße ökologische Alternativen zum Individualverkehr mit dem PKW an.
FlixTrain bietet neben normalen Zugverbindungen auch Nachtzug-Verbindungen an. Wie kommt dieses Angebot bisher an?
Das Nachtzug-Angebot wird von unseren Kunden bis jetzt gut angenommen. Vor allem Umsteigeverbindungen auf und von FlixBus werden hier gerne genutzt, um die längere Strecke über Nacht im komfortablen Liegewagen zu nutzen.
Während Fernbusse die Straßen nutzen, ohne Maut zu zahlen, müssen Fernzüge für jeden Kilometer auf der Schiene hohe Trassenpreise bezahlen. Lohnt sich das Fernzug-Geschäft für Sie überhaupt?
Die Trassenpreise in Deutschland sind je nach Zuggeschwindigkeit, Frequenz und Art der Verkehre unterschiedlich und reichen im Personenfernverkehr am Tag von etwa 4 bis 13 € pro Kilometer. Dies stellt insbesondere für neue Unternehmen wie uns, eine hohe Markteintrittshürde dar und fördert nicht den Wettbewerb auf der Schiene. Wir erhalten jedoch extrem positives Kundenfeedback und sehen eine starke Nachfrage nach günstigen Fernverkehrszügen, weshalb wir vom langfristigen Erfolg von FlixTrain überzeugt sind.
Wie erleben Sie den Fachkräftemangel in der Schienenbranche, besonders den Mangel an Lokführern?
Natürlich sind unsere Zugpartner und wir immer auf der Suche nach qualifizierten Fachkräften und freuen uns über Zuwachs im Team von FlixTrain. Für unser bestehendes Angebot sind wir personell jedoch gerade hervorragend aufgestellt.
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