Berlin, den 17. Oktober 2018. Ein Ehrenplatz für die Messingtafel im Bahnhof Winterberg ist inzwischen gefunden. Kein ganz leichtes Unterfangen, denn schließlich verfügt der Bürgerbahnhof im nordrheinwestfälischen Hochsauerland über reichlich Glasfassade. Und die lässt sich nicht einfach mit der Bohrmaschine traktieren. Doch trotz der technischen Feinheiten konnte die angereiste Prominenz aus Berlin und Düsseldorf zusammen mit den Geehrten von Stadt und Deutscher Bahn am Mittwoch zur Enthüllung schreiten. Weithin sichtbar verkündet seitdem die hochglanzpolierte Tafel allen Reisenden, Touristen und Einheimischen, dass sie gerade im „Bahnhof des Jahres 2018“ einkehren.
Im Beisein des nordrheinwestfälischen Verkehrsministers Hendrik Wüst würdigte die Jury den Winterberger Bahnhofsneubau als „Vorbild für Bürgernähe“: „Bürgerbahnhof steht in Winterberg nicht nur vorne drauf, sondern Bürgerbahnhof ist auch drin. Der Fahrkartenschalter in dieser hellen, aus Holz und Glas geschmackvoll gestalteten Halle ist zugleich erste Anlaufstelle für das städtische Bürgerbüro und für den Servicepoint der Winterberg Touristik und Wirtschaft GmbH mit DB-Ticketverkauf. Die Volkshochschule mit Büro- und Schulungsräumen wie auch die Beratungsstellen des Gesundheits- und Jugendamtes des Hochsauerlandkreises ergänzen das vielfältige Dienstleistungsangebot zu einem innovativen Gesamtpaket “, lobte Jury Mitglied Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene. Ähnlich wie der Bürgerbahnhof im hessischen Eppstein, das 2018 ebenfalls ausgezeichnet wurde, überzeuge Winterberg mit einem neuartigen Bahnhofskonzept. Kein Wunder, dass um einen solchen Bau herum ein neues Stadtviertel entstehe. „So wächst der Bahnhof aus seiner Randlage in die Stadt hinein. Besser geht es nicht.“ „Einen 08/15-Neubau hat die Stadt Winterberg mit Bedacht verworfen“, urteilte Jury-Mitglied Andreas Geißler. „Der neue Bahnhof der internationalen Sportstadt und Tourismushochburg Winterberg mit abstrahierter Skisprungschanze auf dem Dach gibt dem Bahnhof einen ganz besonderen Pfiff.“
Der Titel für den Bürgerbahnhof kam für Winterberg nach Jahren harter Arbeit. „Die deutschlandweite Anerkennung für unser neues Bahnhofskonzept hat uns sehr gutgetan“, sagte Winterbergs Bürgermeister Werner Eickler zur Tafelenthüllung. Gleichzeitig bedankte er sich bei dem Investorenehepaar Helga Köster-Saure und Karl-Ulrich Saure aus Medebach. „Vielen Dank für Ihren Mut, dass Sie diesen herausfordernden Weg mit uns gegangen sind.“ Auch NRWs Verkehrsminister Hendrik Wüst freute sich bei der Feierstunde am Mittwoch über die Auszeichnung von Winterberg: „Hier ist Zukunft gebaut worden. Der Bürgerbahnhof Winterberg trägt den Titel zu Recht, weil er sowohl architektonisch als auch vom Konzept her überzeugt. Ein Bahnhof der einlädt, wo Mobilität Spaß macht.“ Stephan Boleslawsky, für die Bahnhöfe der Deutschen Bahn in ganz Nordrhein-Westfalen verantwortlich, freut sich ebenfalls: „Die Stadt ist ein überregional bekannter Skiort und der Bahnhof Eingangstor für viele Sportler, die mit der Bahn ins Sauerland reisen. So freut es uns, dass hier nicht nur die Winterberger Bürger, sondern ganz viele Menschen von dieser schmucken Visitenkarte profitieren.“
Die Architektin Helga Köster-Saure steht für die besondere Architektur und die hervorragende städtebauliche Integration des Gebäudes. „Das Gebäude soll einen Eindruck von Offenheit erwecken, vor allem mit dem mittigen Atrium der Eingangshalle. Die wellenförmige Stahlkonstruktion überspannt einen Teil des Baukörpers und gibt dem Ganzen eine gewisse Höhe und repräsentative Ausstrahlung. Im Gegensatz zur verglasten Eingangshalle gelten die beiden seitlich angrenzenden eher massiven Baukörper als ruhende Pole, die zum Verweilen einladen“, erläuterte die Architektin ihr Konzept.
Die Entstehungsgeschichte des Bürgerbahnhofs begann vor rund 18 Jahren: Der Rat der Stadt Winterberg und die Verwaltung erkannten das städtebauliche Potential der brachliegenden Bahnflächen einschließlich Bahnhof. Mit finanzieller Unterstützung von Bund und Land kaufte und entwickelte die Stadt die Brachen. Das Areal vom Stadtzentrum bis zum Bahnhof wurde in zwei Investorenauswahlverfahren für zentrumsnahes Einkaufen und öffentliche Dienstleistungen nutzbar gemacht. Dabei ist es der Stadt sogar gelungen, Einkaufsangebote vom Stadtrand zurück ins Zentrum zurück zu holen. Nach dem Abriss des historischen Bahnhofgebäudes begrüßt nun eine moderne Glas- und Stahlkonstruktion die Gäste, die per Bahn in die Ganzjahresdestination kommen. Im Oktober 2017 wurde der neue Bürgerbahnhof fertiggestellt. Er enthält das Bürgerbüro der Stadt, einen Service-Punkt der Winterberg Touristik und Wirtschaft GmbH sowie die Volkshochschule. Auch Angebote des Gesundheitsamtes und des Kreisjugendamtes sowie ein Restaurant haben ein Zuhause im neuen Bürgerbahnhof gefunden. Aus der Bushaltestelle am alten Bahnhof ist heute ein zentraler Omnibusbahnhof geworden. Eine großzügige „Park + Ride“-Anlage passt bestens dazu, dass am Bahnhof Winterberg der Startpunkt zum Ruhrtalradweg und zahlreichen Wanderwegen liegt. Winterberg erreicht man mit der Bahn über Bestwig aus Richtung Dortmund, Hagen oder Kassel.
Mit Winterberg hat NRW jetzt den zweiten Siegerbahnhof hervorgebracht. Die Siegerbahnhöfe der vorigen Jahre waren 2017: Lutherstadt Wittenberg und Bayerisch Eisenstein, 2016: Stralsund und Steinheim in Westfalen, 2015: Marburg und Obstfelderschmiede/Lichtenhain, 2014: Dresden und Hünfeld, 2013: Göttingen, Oberursel und Murnau, 2012: Bremen, Aschaffenburg und Bad Schandau, 2011: Leipzig und Halberstadt, 2010: Darmstadt und Baden-Baden, 2009: Erfurt, Uelzen und Heringsdorf, 2008: Karlsruhe und Schwerin, 2007: Berlin Hauptbahnhof und Landsberg am Lech, 2006: Hamburg Dammtor und Oberstdorf, 2005: Mannheim und Weimar und 2004: Hannover und Lübben.
Mit dem Wettbewerb „Bahnhof des Jahres“ prämiert die Allianz pro Schiene seit 2004 jährlich die kundenfreundlichsten Bahnhöfe in Deutschland. Ausgezeichnet wird nur, wer nach einer festen Kriterienliste am besten auf die Bedürfnisse der Bürger eingeht: Objektive Erfordernisse wie Kundeninformation, Sauberkeit, Integration in die Stadt und Verknüpfung mit anderen Verkehrsmitteln sind dabei ebenso entscheidend wie ein eher subjektiver Wohlfühlfaktor. Die Jury des renommierten Wettbewerbs besteht aus Vertretern des Fahrgastverbandes Pro Bahn, dem Deutschen Bahnkunden-Verband (DBV), dem Verkehrsclub Deutschland (VCD), dem ACE Auto Club Europa, dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) und der Allianz pro Schiene. Um touristische Qualitäten der Bahnhöfe zu bewerten, reisen außerdem Verkehrsexperten des Deutschen Tourismusverbandes (DTV) und der Kooperation „Fahrtziel Natur“ mit.
Weitere Informationen: