Dieser Gastbeitrag erschien am 18. Juli 2020 in gedruckter Form im Offenburger Tageblatt.
Auch in Offenburg können sich die Menschen auf den ersten „Tag der Eisenbahn“ im nächsten Jahr freuen. Wie in ganz Deutschland wird die Branche 2021 vor Ort mit einer Fülle von Veranstaltungen die vielfältige Welt der Eisenbahnen erlebbar machen und einen Schienenverkehr zum Anfassen bieten.
Dies ist die Vereinbarung aus dem Schienenpakt, die uns als Herzensangelegenheit am meisten freut. Doch der Schienenpakt zwischen Bundesregierung und Branche bringt noch viel mehr. Bei der Unterzeichnung im Bundesverkehrsministerium Ende Juni habe ich von einem „historischen Tag“ für die Schiene gesprochen. Denn der Schulterschluss zwischen Politik und Eisenbahnsektor ist einmalig. Von ihm geht das kraftvolle Signal aus, dass alle wichtigen Akteure zusammenarbeiten, um das Angebot auf der Schiene quantitativ und qualitativ nachhaltig zu steigern.
Trotz Corona-Krise hält die Bundesregierung am Ziel fest, die Fahrgastzahlen in Deutschland bis 2030 zu verdoppeln. Im Güterverkehr legt sie sich darauf fest, dass der Marktanteil der Schiene von heute gut 19 Prozent bis 2030 auf mindestens 25 Prozent steigen soll.
Beides sind gerade in Corona- Zeiten politische Festlegungen von großer Bedeutung. An diesem Bekenntnis müssen sich diese und künftige Bundesregierungen messen lassen. Entscheidend ist die Umsetzung, damit aus dem versprochenen Jahrzehnt der Schiene nicht ein Jahrzehnt der Ankündigungen wird.
Der erste Testlauf stimmt mich zuversichtlich. Mit dem gerade verabschiedeten zweiten Nachtragshaushalt steigert der Bund seine Investitionen in die Schieneninfrastruktur in diesem Jahr um 40 Prozent. Ein solches Plus habe ich in bald zwei Jahrzehnten als Geschäftsführer der Allianz pro Schiene nie zuvor erlebt. Die nächste Bewährungsprobe ist die Aufstellung des Bundeshaushaltes 2021. An ihm werden wir ablesen, ob diese Regierung tatsächlich die Schiene von Steuern und Abgaben entlastet und die Investitionen dauerhaft erhöht oder nur davon redet.
Für eine echte Verkehrswende muss die Bundesregierung zudem die Prioritäten in der Verkehrspolitik ändern und die Vorfahrt für die Straße beenden. Bisher gilt das Prinzip: Wir fördern alles, die Straße genau wie den Flugverkehr und die Schiene. Es ist offensichtlich, dass damit eine nachhaltige Verkehrsverlagerung hin zu einer klimafreundlicheren Mobilität nicht zu schaffen ist.
Dennoch überwiegt in diesen Tagen klar der Optimismus bei allen, die auf bessere Zeiten für Bahnfahrer mit pünktlichen und verlässlichen Zügen hoffen. Die Hoffnung hat einen Namen und der heißt: Deutschlandtakt. Jede halbe Stunde ein Zug von Stadt zu Stadt. Auch auf dem Land bequemes Umsteigen ohne lange Wartezeiten. Zugfahren wird überall in der Republik so leicht wie heute das S-Bahn-Fahren in der Metropole. Diese Vision für ein neues Eisenbahn-Zeitalter soll bis 2030 Realität werden – mit Unterstützung der Bundesregierung. Auch hier gilt: Nun kommt es darauf an, dass dieser großartige Plan so schnell wie möglich Realität wird.