Berlin, 3. Oktober 2020. Im Schienennetz sind die Folgen der Teilung auch 30 Jahre nach der Einheit an zahlreichen Stellen spürbar. Zwar wurden nach 1990 wichtige Hauptstrecken zwischen Ost und West ausgebaut und modernisiert. Auch kamen bedeutende Neubaustrecken wie Berlin-Wolfsburg oder Erfurt-Bamberg als Schnellverbindungen zwischen Ost und West hinzu. Doch die Wiedervereinigung ist bis heute im Schienennetz nicht abgeschlossen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden durch die deutsch-deutsche Teilung laut dem gemeinnützigen Verkehrsbündnis Allianz pro Schiene rund 40 Eisenbahnstrecken stillgelegt. Nur sieben davon gingen in den drei Jahrzehnten nach 1990 wieder in Betrieb. Bei allen anderen teilt die alte innerdeutsche Grenze das Schienennetz weiter. Nicht mitgezählt sind dabei die Strecken in und um Berlin.
„Nicht bei jeder vor langer Zeit stillgelegten Eisenbahnstrecke ist es dringlich oder überhaupt sinnvoll, die Verbindung wieder in Betrieb zu nehmen“, sagte Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, am Samstag in Berlin. „Dennoch sollten wir mit der Einheit auf der Schiene im Jahr 2020 deutlich weiter sein. An zu vielen Stellen teilt die alte innerdeutsche Grenze bis heute auf der Schiene Ost und West, obwohl Bedarf für eine Schienenverbindung besteht. Wir brauchen dringend mehr Reaktivierungen, um auf den Gleisen 30 Jahre nach der Einheit die Folgen der Teilung zu überwinden“, so Flege.
Die Allianz pro Schiene nennt dazu am Tag der Deutschen Einheit vier konkrete Beispiele. Eine Reaktivierung dieser vier Strecken über die alte innerdeutsche Grenze bzw. die Berliner Mauer hinweg ist besonders dringlich. Diese vier Verbindungen stehen beispielhaft für durch die Teilung stillgelegte Strecken, deren Reaktivierung sinnvoll ist.
Wenn die nur sechs Kilometer lange Lücke zwischen Blankenstein in Thüringen und dem bayerischen Marxgrün geschlossen wird, würde – endlich – eine Folge der deutsch-deutschen Teilung beseitigt. Die Region bekäme mit dem Comeback der Höllentalbahn eine massive Entlastung vom Lkw-Verkehr. Eine große Papierfabrik in Blankenstein hat wiederholt ihr Interesse an der Reaktivierung angemeldet. Im Personenverkehr würde wieder eine direkte Verbindung zwischen Saalfeld und Hof möglich.
Auch im Norden Berlins warten die Menschen seit der Wiedervereinigung auf die Wiederbelebung einer alten Verbindung. Die Strecke von Basdorf bis Berlin-Wilhelmsruh und weiter nach Berlin Gesundbrunnen wurde durch den Mauerbau 1961 unterbrochen. In den 30 Jahren seit dem Mauerfall ist es nicht gelungen, die nur einen Kilometer lange Lücke im Schienennetz zu schließen. Dabei ist der Bedarf immens, wie die Pendlerströme und der intensive Ausflugsverkehr zeigen. Inzwischen laufen die Planungen für die Wiederinbetriebnahme und Ende 2020 soll es den ersten Spatenstich geben.
Im Süden Berlins ist es ganz ähnlich: Berlin und sein Brandenburger Umland wachsen immer mehr zusammen. Daher wird die Reaktivierung der alten „Potsdamer Stammbahn“ für die Entlastung der Berliner Stadtbahn dringend gebraucht. Diese Strecke ist auch im Zielfahrplan Deutschlandtakt 2030 enthalten.
Für die Reisenden und die Wirtschaft im südlichen Thüringen brächte die Reaktivierung der Strecke den großen Vorteil, dass sie eine direkte Anbindung an den ICE-Bahnhof Coburg bekämen. Diese Strecke ist daher ebenfalls im Zielfahrplan Deutschlandtakt 2030 enthalten.
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