Berlin, 4. März 2021. Einen raschen Ausbau europäischer Schienenachsen für internationale Schnell- und Nachtzüge fordern das Verkehrsbündnis Allianz pro Schiene und die Initiative Magistrale für Europa. „Das Europäische Jahr der Schiene muss dem internationalen Bahnverkehr mit Schnell- und Nachtzügen quer durch den Kontinent einen Schub geben“, sagte Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, am Donnerstag in Berlin. „Das Ziel muss lauten, in der EU das klimafreundliche Reisen mit dem Zug nach und nach für alle Verbraucher zur ersten Wahl werden zu lassen. Dieses realistische Ziel sollte sich die Politik im Europäischen Jahr der Schiene setzen“, so Flege.
„Es ist möglich, auf der Schiene deutlich mehr attraktive Alternativen als derzeit zu den besonders klimabelastenden Kurz- und Mittelstreckenflügen zu schaffen“, erklärte Flege. „Bis heute aber ist Europa auf der Schiene nicht wirklich zusammengewachsen – zu vieles läuft im Bahnsektor noch national. Umso größer ist die Chance, mit einer besseren Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedsstaaten und einer Stärkung der Schiene in ganz Europa den internationalen Bahnverkehr zu verbessern. Der Klimaschutz braucht mehr Europa auf der Schiene“, meinte Flege.
„Neue grenzüberschreitende Direktverbindungen, Hochgeschwindigkeitszüge und Nachtzugverkehre können innereuropäische Kurzstreckenflüge langfristig ersetzen“, sagte Annika Hummel, Geschäftsführerin der Magistrale für Europa. Diese Initiative setzt sich seit 30 Jahren für eine durchgehende Hochgeschwindigkeitstrasse auf der Strecke von Paris nach Budapest/Bratislava über die Region Karlsruhe ein. „Ungleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen Bahn- und Flugverkehr sorgen jedoch weiterhin dafür, dass innereuropäische Flüge oftmals wesentlich günstiger als entsprechende Zugtickets sind“, kritisierte Hummel.
In einem Positionspapier zum Europäischen Jahr der Schiene formuliert die Allianz pro Schiene drei Forderungen. Zur Stärkung des internationalen Bahnverkehrs müssen die Europäische Union und die Mitgliedsstaaten laut dem Konzept erstens das Schienennetz grenzüberschreitend ausbauen, zweitens den Wettbewerb der Verkehrsträger gerechter gestalten und drittens den Green Deal der EU-Kommission für eine Stärkung der Eisenbahn im Jahr der Schiene nutzen.
Zum Ausbau des grenzüberschreitenden Schienennetzes gehört ein Förderprogramm der EU für die Elektrifizierung der Grenzübergänge und eine politische Initiative der Bundesregierung, um gemeinsam mit den Nachbarstaaten bis 2030 alle Grenzübergänge auf der Schiene mit einer elektrischen Oberleitung auszustatten. Für mehr Fairness im Mobilitätsmarkt sollten EU und Bund gemeinsam die Benachteiligung der Zugkunden gegenüber Flugreisenden bei der Mehrwertsteuer für internationale Tickets beenden. Beim dritten Punkt geht es um mehr Gerechtigkeit bei der Infrastrukturfinanzierung. Für den Straßenverkehr gibt es anders als für den Schienenverkehr in der EU keine Pflicht, die Nutzer mit einer Maut für die Infrastrukturnutzung heranzuziehen. Die Allianz pro Schiene spricht sich dafür aus, eine Mautpflicht auch für Lkw und Fernbusse einzuführen. Bis dies realisiert ist, sollte der Bund den EU-Rechtsrahmen ausschöpfen und die Schienenmaut in der Corona-Pandemie vorübergehend vollständig aussetzen. Im EU-Ministerrat hatte auch Deutschland für diese Entlastungsmöglichkeit gestimmt.
Die 1990 gegründete Initiative „Magistrale für Europa“ zählt zu den Pionieren im Kampf für europäische Schienenachsen. Inzwischen gehören der Initiative mit Sitz in Karlsruhe 24 Mitglieder an – darunter Städte, Regionen und Industrie- und Handelskammern. „Die Initiative hat in drei Jahrzehnten große Erfolge erlebt wie den durchgehenden Ausbau der Schnellstrecke in Frankreich“, sagte Hummel. „Gerade auf deutscher Seite aber hapert es noch an vielen Orten.“ Als Beispiele nannte Hummel die Elektrifizierungslücke auf der Strecke München-Mühldorf-Freilassing, die Inaktivität bei Planung und Bau der Verbindungskurve zwischen der Hochgeschwindigkeitsstrecke Paris – Straßburg (LGV Est européenne) und dem Ausbauprojekt Karlsruhe – Basel sowie ungelöste Probleme für die Verkehrsplanung durch Stuttgart 21.
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