Frau Rohs, Glückwunsch. Sie haben stellvertretend für die Gruppe, die Werner Meyers Bestattung ermöglicht hat, einen Sonderpreis beim „Eisenbahner mit Herz“ erhalten – Glückwunsch!
Vanessa Rohs: Dankeschön. Wir waren überrascht, weil der Wettbewerb ja eigentlich auf Fahrgasteinsendungen basiert und es hier etwas anders war. Wir haben uns sehr gefreut. So kommt es vielleicht etwas mehr an die Öffentlichkeit, was Mitarbeiter der Deutschen Bahn zusammen geschafft haben.
Wie haben Sie Werner Meyer kennengelernt?
Vanessa Rohs: Vom Sehen kannte ich ihn schon, als ich noch ein Kind war. Wir waren regelmäßig in Hannover und haben ihn dort oft mit seinem Karateanzug gesehen. Bei der Bahn bin ich „erst“ seit fünf Jahren und habe ihn dann im Zug wieder gesehen. Er war jemand, der auch mal gefragt hat, wie es einem geht und ob der Tag gut läuft. Man ist gerne auf ihn zugegangen und hat mit ihm geplaudert. Manche Kollegen kannten und schätzten ihn seit Jahrzehnten.
Er war also ein gerngesehener Stammgast im Zug?
Vanessa Rohs: Ja. Gerade in hitzigen oder chaotischen Situationen war er oft derjenige, der besänftigt und einen dann quasi gerettet hat.
Im letzten Winter ging es Meyer dann plötzlich gesundheitlich schlechter, was war passiert?
Vanessa Rohs: Er hatte im Dezember 2020 einen Schlaganfall. Im Januar habe ich ihn dann im Zug angesprochen, weil ich sah, dass er in keiner guten Verfassung ist. Er erzählte mir, dass er mit dem „Papierkram“ nicht gut zurechtkam. Also habe ich ihm angeboten, ihm bei Organisation einer Betreuung zu helfen. Das hatte ich für einen älteren Nachbarn schon einmal gemacht. Er hat sich sehr darüber gefreut. Ich habe mich dann per E-Mail an das zuständige Betreuungsgericht gewandt, um alles Weitere anzustoßen.
Dazu ist es dann leider nicht mehr gekommen?
Vanessa Rohs: Nein. Wenige Tage später ist Werner Meyer in München gestorben. Ich selbst habe davon einem Freitagabend durch unsere Facebook-Gruppe „DB-Family“ erfahren. Dort hatte ich die Tage zuvor schon auf seinen Gesundheitszustand hingewiesen, damit die Kollegen Bescheid wissen.
Wie ging es dann weiter?
Vanessa Rohs: Wir haben dann direkt in der Gruppe eine Spendenaktion gestartet – zunächst um einen Kranz zu kaufen. Da kamen dann schon in der ersten Nacht 1.800 Euro zusammen. Kurz darauf habe ich mich dann in München an das Krankenhaus und die Behörden gewendet. Wir wollten nicht, dass Werner Meyer in München anonym beerdigt wird. Da sich keine Angehörigen finden ließen, war die einzige Möglichkeit, dass wir als Gruppe die Kosten für Rückführung und Bestattung komplett übernehmen.
Eine große Verantwortung.
Vanessa Rohs: Ja. Wir haben unsere Spendenaktion öffentlich gemacht und weiter mobilisiert. Schließlich haben etwa 600 Kolleginnen und Kollegen und weitere 100 Privatpersonen insgesamt über 7.000 Euro gespendet.
Was für eine Summe. Somit haben Sie dann auch die Rückführung und eine würdige Trauerfeier realisieren können?
Vanessa Rohs: Genau. Wir konnten dann alles in die Wege leiten. Mit passenden Blumenkränzen in Hannover- und DB-Farben haben wir ein stimmiges Arrangement gefunden. Der Bestatter hat sogar noch ein großes ICE-Modell dazugestellt. Die Musikbegleitung bei der Beisetzung der Urne auf dem Waldfriedhof Seelhorst kam übrigens auch von DB-Kolleginnen und Kollegen.