Die Allianz pro Schiene forderte die Bundesregierung auf, sich auf europäischer Ebene stärker für den Schienenverkehr einzusetzen. „Rot-grün muss die Interessen der Bahnen in Brüssel besser vertreten, sonst läuft die Regierung Gefahr, mit ihren anspruchsvollen verkehrspolitischen Zielen gnadenlos zu scheitern“, sagte der Vorsitzende Norbert Hansen auf einer Veranstaltung der Allianz pro Schiene zum grenzüberschreitenden Schienenverkehr am Mittwoch in Berlin. Bereits in der vergangenen Legislaturperiode hatte das Schienenbündnis beim Engagement in Brüssel die größten verkehrspolitischen Defizite der Koalition ausgemacht.
Dabei bestehe Handlungsdruck für das Transitland Deutschland. Die Allianz pro Schiene wies darauf hin, dass der LKW-Verkehr zwischen Deutschland und seinen östlichen Nachbarn Polen und Tschechien von 1995 bis 2001 um fast 50% zunahm. Der Vorsitzende Hansen: „Die Lkw-Lawine durch Deutschland muss gestoppt werden. Die Bundesregierung darf sich nicht zurücklehnen und die EU-Osterweiterung oder Richtlinien aus Brüssel abwarten.“ Die Allianz pro Schiene forderte von der Bundesregierung, Kooperationen zwischen den Bahnen im grenzüberschreitenden Verkehr mit Osteuropa „aktiv zu unterstützen und zu erleichtern“.
„Was heute schon im Rahmen von Kooperationen funktioniert, muss in Zukunft ein europaweiter Rechtsanspruch für alle Bahnen werden,“ erläuterte Hansen. Das Schienenbündnis forderte weiter, bei der Liberalisierung des europäischen Eisenbahnmarktes Qualitätsstandards für die Bahnen europaweit auf einem hohen Niveau zu vereinheitlichen. Hansen: „Die Bahnen müssen ihren Vorteil in Punkto Umwelt, Sicherheit und Soziales halten und ausbauen.“ Dies sei betriebswirtschaftlich auf Dauer nur durchzuhalten, wenn die bei anderen Verkehrsträgern bislang auf die Allgemeinheit abgewälzten Umwelt- und Unfallfolgekosten endlich den Verursachern angelastet würden. „In einem vereinigten Schieneneuropa darf es kein Umweltdumping wie auf den Meeren und kein Sozialdumping wie auf der Straße geben“, forderte der Allianz pro Schiene-Vorsitzende.
Dem grenzüberschreitenden Schienenverkehr kommt nach Angaben der Allianz pro Schiene eine Schlüsselfunktion zu bei dem Ziel, die Bahnen im Wettbewerb mit dem Lkw-Verkehr zu stärken. Bereits heute transportieren die EU-Länder mehr als die Hälfte aller Güter auf der Schiene ins Ausland. „Ein Zeichen dafür, dass der Schienengüterverkehr gerade auf langen Strecken besonders effizient und rentabel ist“, so Hansen. Daraus folge, dass „jedes Hindernis, das die EU für die Bahnen an den Grenzen abbaue, ein besonders wirksamer Schritt sei“ hin zu dem Ziel, mehr Verkehr auf die umweltfreundliche Schiene zu verlagern.
An der Grenze hätten Bahnen immer noch mit Hindernissen zu kämpfen, die Lkw’s nicht kennen. Ein Lokführer muss zum Beispiel den nationalen Führerschein für jedes Land besitzen, das er befährt, und er muss die jeweilige Landessprache beherrschen. Die Folge: An der Grenze muss oft das Personal ausgewechselt werden. Hansen: „Das kostet Zeit und Geld. Die Allianz pro Schiene fordert deshalb einen europäischen Lokführerschein und eine EU-weite Schienenverkehrssprache.“
Dringend erforderlich seien auch gemeinsame technische Standards. Zur Zeit sind fünf verschiedene Stromsysteme, 15 Zugsicherungssysteme und drei Spurweiten europaweit im Einsatz. Diese technische Inkompatibilität sei ein erheblicher Wettbewerbsnachteil gegenüber der Straße. Die Allianz pro Schiene forderte die EU auf, nicht nur gemeinsame technische Standards zu etablieren, wie im 2. Bahnpaket geplant, sondern auch einen Zeitraum festzulegen und Finanzmittel bereit zu stellen.
Hansen: „Je schneller auf den gemeinsamen technischen Standard ETCS umgerüstet wird, desto geringer werden die Kosten sein.“ Denn für den Übergang müssten Fahrzeuge und Strecken doppelt ausgerüstet werden: mit dem neuen und dem jeweiligen nationalen System.