Berlin. „Von der EU-Osterweiterung profitiert bisher fast nur die Straße. Auf der Schiene ist dagegen noch der eiserne Vorhang vorhanden“, so das ernüchternde Fazit von Allianz pro Schiene Geschäftsführer Dirk Flege, anlässlich der Präsentation der Broschüre „Bahn frei für Europa“, die sich kritisch mit der Verkehrspolitik in Europa auseinandersetzt. Ein Beispiel: In den 30er Jahren fuhr eine Dampflok von Berlin nach Breslau in 2,5 Stunden. Heute brauchen Züge für die gleiche Strecke 6 Stunden. Kein Wunder, dass stattdessen der Straßenverkehr explodiert. Ohne ein verkehrspolitisches Umsteuern, ist der Kollaps auf den europäischen Straßen vorprogrammiert, so die einhellige Meinung der europäischen Verkehrsexperten, bei der anschließenden Podiumsdiskussion.
Schon heute ist die Straße mit der Bewältigung des Verkehrsaufkommens überfordert. Und die klimaschädlichen Treibhausgasemmissionen des Verkehrs steigen weiter. Diese alarmierende Entwicklung hat inzwischen auch die EU-Kommission aufgeschreckt. Neue Pläne sehen deshalb stärkere Investitionen für die Schiene vor. Den Anfang hierzu machen die so genannten Transeuropäischen Netze (TEN). Denn gerade auf langen Strecken sind die Bahnen besonders leistungsfähig. Die Stärkung des grenzüberschreitenden Verkehrs ist deshalb ein Schlüssel für die Verkehrsverlagerung.
„Nur ein wesentlich höheres TEN Budget kann als Hebel für eine schnellere Realisierung der europäischen Infrastrukturprojekte wirken. Allein mit nationalen Mitteln können diese Vorhaben nicht rechtzeitig verwirklicht werden“, so Heinz Hilbrecht, von der Generaldirektion Energie und Verkehr der EU-Kommission.
Johannes Ludewig, Ex-Bahnchef und heute Direktor des Eisenbahnverbandes CER in Brüssel geht noch einen Schritt weiter. Neben verstärkten Investitionen fordert er eine Regelung „zur vollständigen verursachergerechten Anlastung von internen und externen Kosten“ und sagt: „Dieser Punkt ist Gegenstand der aktuellen Diskussion zur Eurovignette‘ – das mit Abstand wichtigste Thema auf der verkehrspolitischen Agenda in Brüssel.“
Aus Sicht der Allianz pro Schiene sind die Signale aus Brüssel ein hoffnungsvolles Zeichen:
„Inzwischen ist die europäische Verkehrspolitik in vielen Punkten sehr viel fortschrittlicher als die Politik in Deutschland. Allerdings legt die Kommission den Schwerpunkt noch zu sehr auf die Liberalisierung des Eisenbahnsektors“, so Dirk Flege.
„Solange die Bahnen im Wettbewerb mit den anderen Verkehrsträgern massiv benachteiligt sind, nützt der Wettbewerb der Bahnen untereinander dem Verkehrsträger Schiene nur bedingt“, so Flege weiter.