Berlin. Mit scharfer Kritik hat die Allianz pro Schiene auf ein bislang unveröffentlichtes Schreiben des Bundesverkehrsministeriums zur Erprobung von Gigalinern in Deutschland reagiert. Die schwarz-gelbe Bundesregierung kann nicht einmal ansatzweise plausibel erklären, warum sie demnächst Riesen-Lkw in einem bundesweiten Feldversuch testen will, sagte Allianz pro Schiene-Geschäftsführer Dirk Flege am Montag in Berlin. Flege: Die Bundesregierung hat nicht mehr zu bieten als die These, dass in die knapp sieben Meter längeren Gigaliner mehr Güter passen und deswegen hoffentlich weniger Lkw fahren werden. Das ist reine Theorie, die von Wissenschaftlern mit Verweis auf die langfristigen Folgen im Verkehrsmarkt bereits entkräftet worden ist. Eben diese langfristigen Effekte würde der Feldversuch der Bundesregierung aber komplett ausblenden.
Der Parlamentarische Staatssekretär des Bundesverkehrsministeriums, Andreas Scheuer, hat in dem bislang unveröffentlichten Brief im Namen der Bundesregierung auf eine Parlamentarische Anfrage der SPD geantwortet (Bundestagsdrucksache 17/294). Wörtlich heißt es in der Regierungsantwort auf die Frage, welchen Beitrag die Bundesregierung von größeren und schwereren Lkw für eine nachhaltige Mobilität erwarte: Grundsätzlich soll der bundesweite Feldversuch auch Erkenntnisse darüber liefern, inwieweit bei gleichbleibendem zulässigen Gesamtgewicht von 40 t mehr Volumengüter je Fahrzeugkombination transportiert werden. Dies könnte insgesamt eine Reduktion der Gesamtzahl an Nutzfahrzeugen bzw. an Fahrten ermöglichen, welche auch eine Verminderung des Schadstoffausstoßes sowie des Verkehrslärms zur Folge hätte.
Unter Wissenschaftlern und Praktikern völlig unstrittig ist die Erkenntnis, dass es bei einer regulären Zulassung von Riesen-Lkw mehr Lastkraftwagen auf Deutschlands Autobahnen und nicht weniger geben wird, so der Geschäftsführer des Verkehrsbündnisses. Durch den zusätzlichen Laderaum wird der Lkw-Verkehr um 25 Prozent billiger, das heißt, es gibt noch mehr Kostenanreize zur Lagerhaltung auf der Autobahn und zur Transport-Verlagerung von Binnenschiffen und Güterbahnen auf den Lkw. Ein bundesweiter Feldversuch brächte in dieser Frage keinerlei neue Erkenntnisse, weil die verladende Wirtschaft diese Verlagerungsentscheidungen nicht im Rahmen eines Pilotversuches treffen kann. Erst wenn im nächsten Schritt die Regelzulassung von Gigalinern kommt, werden die Logistikkonzepte in großem Maßstab geändert.
Immerhin, so die Allianz pro Schiene, habe die Bundesregierung eingeräumt, dass vorhandene Lkw-Parkplätze auf Autobahnraststätten für die Riesen-Lkw zu kurz seien. Flege: Mit Steuerzahlergeld müssten für den umweltschädlichen und gefährlichen Riesen-Lkw-Verkehr zusätzliche Parkplätze gebaut sowie Kreisverkehre und Bahnübergänge umgestaltet werden. Die Bürger sollen also die Zeche zahlen – eine nachhaltige Verkehrspolitik sieht anders aus.
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