Dieser Text ist unserer Stellungnahme gemeinsamen mit „Die Güterbahnen“, VDV und VPI entnommen.
Aktuell ist die Zulassung von Lang-Lkw des Typ 1 („verlängerter Sattelauflieger“) bis zum 31. Dezember 2023 befristet. Der vorgelegte Verordnungsentwurf sieht vor, diese Befristung um drei weitere Jahre bis zum 31. Dezember 2026 zu verlängern. Die vier oben genannten Verbände sprechen sich gegen dieses Vorhaben aus und befürworten stattdessen die Zulassung von verlängerten Sattelaufliegern wie geplant zum Jahresende auslaufen zu lassen.
In Ihrem Koalitionsvertrag hat die Ampel-Koalition vereinbart, mehr Transporte von der Straße auf die umwelt- und klimafreundliche Schiene zu verlagern und bis zum Jahr 2030 den Marktanteil des Schienengüterverkehrs auf mindestens 25 Prozent zu steigern (2022: 19,8 Prozent). Der Einsatz von übergroßen Lkw wie dem Typ 1 steht jedoch im Widerspruch zu diesem verkehrspolitischen Ziel der Bundesregierung.
Lang-Lkw können mehr Ladung als herkömmliche Lastwagen bei nur geringfügig höheren Betriebskosten befördern. Dadurch wird der Transport auf der Straße verbilligt, was wiederum dazu führt, dass Unternehmen Transporte von der Schiene zurück auf die Straße verlagern.
Ein weiterer schwerwiegender Punkt ist die weitestgehende Unvereinbarkeit mit dem Kombinierten Verkehr (KV). Im Kombinierten Verkehr werden Ladeeinheiten wie Container oder Sattelanhänger auf der Straße zum Umschlagbahnhof transportiert und dort auf die Schiene verladen. Die Langstrecke wird anschließend mit dem Zug bewältigt, und nur für die letzten Kilometer kommt wieder der Lkw zum Einsatz, um die Ladung ans Ziel zu bringen. Durch den effizienten Einsatz der Verkehrsträger Schiene und Straße ist der Kombinierte Verkehr um ein Vielfaches umwelt- und klimaschonender als der Lkw-Fernverkehr. Er ist auch deutlich sicherer, vermeidet Staus und schont die sanierungsbedürftige Straßeninfrastruktur. Aus diesen Gründen sollte das noch längst nicht ausgeschöpfte Potenzial des Kombinierten Verkehrs dringend genutzt werden, um das oben genannte Verlagerungsziel zu erreichen.
Der Einsatz von Lang-Lkw des Typ 1 hat allerdings einen genau entgegengesetzten Effekt: Aufgrund ihrer Überlänge sind die verlängerten Sattelauflieger (14,98 m) nicht für den Kombinierten Verkehr und die dortige Ladetechnik geeignet. Zwar ist eine KV-Fähigkeit grundsätzlich möglich. Dazu müssen die verlängerten Sattelauflieger jedoch in einer speziellen Variante ausgeführt werden, mit folgenden konstruktiven Besonderheiten:
Die reduzierte Innenraumhöhe verringert das Transportvolumen des verlängerten Sattelanhängers von 111 m³ auf 100 m³ – womit trotz der größeren Fahrzeuglänge das Gesamtvolumen sogar ein Kubikmeter niedriger ausfällt als bei einem herkömmlichen KV-fähigen Sattelauflieger mit der Standardlänge von 13,60 Metern und einer Innenraumhöhe von 3,00 Metern. Hinzu kommt, dass selbst diese kostspielige und volumenreduzierte Spezialvariante des verlängerten Sattelaufliegers nicht in die gängigen Doppeltaschenwagen des Schienengüterverkehrs verladen werden kann. Lediglich vereinzelte Baureihen des einfachen Taschenwagens sind dafür geeignet.
Zusammen genommen machen die hohen Zusatzkosten bei der Anschaffung, der Volumennachteil sowie die Inkompatibilität mit modernen Eisenbahnwagen die KV-fähige Variante des verlängerten Sattelaufliegers für Transportunternehmen wirtschaftlich äußerst unattraktiv. Dementsprechend kommen in der Praxis fast ausschließlich Lang-Lkw des Typ 1 zum Einsatz, die im reinen Straßenverkehr unterwegs sind.
Herkömmliche Sattelanhänger mit einer Länge von 13,60 Metern sind hingegen europaweit einheitlich und können problemlos im kombinierten Verkehr Straße-Schiene benutzt werden. Von solchen Standards lebt diese Branche: Durch das gute Angebot an passenden, innovativen Eisenbahnwagen in Europa ist der 13,60 Meter lange Sattelauflieger die am stärksten wachsende Behälterart im KV. Die Zulassung verlängerter Sattelaufhänger kommt nicht nur einer Entwertung dieser tausenden Eisenbahnwagen gleich, sie ist auch ein deutscher Sonderweg, der die in den vergangenen Jahren vorangetriebene Standardisierung im Kombinierten Verkehr untergräbt. Es ist daher angezeigt, dass sich die Bundesrepublik einer europäischen Vereinfachung des Gütertransports verpflichtet und die bis Ende 2023 befristete Zulassung von Lang-Lkw des Typ 1 auslaufen lässt.
Anstelle der Fristverlängerung für den Typ 1 sollte das BMDV die Gelegenheit nutzen, die KV-Fähigkeit der verbleibenden Lang-Lkw-Typen zu gewährleisten. Denn ist es völlig unverständlich, dass die Ausnahmeverordnung weiterhin vorschreibt, dass lediglich eine Ladeeinheit im Kombinierten Verkehr einsetzbar sein muss. Insbesondere die Lang-Lkw-Typen 2-5 befördern in der Regel aber mindestens zwei Ladeeinheiten.