Berlin. Die Allianz pro Schiene hat den Beschluss der schwarz-gelben Koalition, für den Bundeshaushalt 2011 erstmals einen geschlossenen Finanzierungskreislauf für die Straße festzuschreiben, zum verkehrspolitisch dümmsten Beschluss des Jahres 2010 gekürt. Der Preis für die rückwärtsgewandteste Entscheidung auf Bundesebene gebührt eindeutig dem Prinzip Straße finanziert Straße. Verkehrspolitisch ist das ein Rückfall in die 60er-Jahre, sagte der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege am Donnerstag in Berlin und kritisierte, dass die Regierung mit der ab dem Jahr 2011 geltenden 100prozentigen Zweckbindung der Lkw-Mauteinnahmen für Straßenbau den mühsam errungenen Mautkompromiss aufgekündigt hätte. Was wir heute erleben, ist das glatte Gegenteil von integrierter Verkehrspolitik, sagte Flege. Für diesen Rückfall ins uralte Kästchendenken hat sich die Regierung ganz eindeutig den Retro-Award 2010 verdient, so der Verbandsgeschäftsführer.
Nach dem am 26. November 2010 vom Bundestag verabschiedeten Bundeshaushalt 2011 sollen die Einnahmen aus der Lkw-Maut nicht mehr wie bisher anteilig für Investitionen in Straßen (50 Prozent), Schienen (38 Prozent) und Wasserstraßen (12 Prozent) verwendet werden können. Sie müssen ab Jahresanfang 2011 automatisch und unabhängig von der verkehrspolitischen Sinnhaftigkeit in den Straßenbau fließen.
Allianz pro Schiene-Geschäftsführer Flege erinnerte daran, dass in der Gesetzesbegründung zur Einführung der seit 1.1.2005 geltenden Lkw-Maut auf Autobahnen noch ausdrücklich die Verlagerung von Verkehren auf Schiene und Wasserstraße erwähnt worden sei. Dieses Ziel der Verkehrsverlagerung wird durch den aktuellen Beschluss konterkariert, sagte Flege. Auch sei der Haushaltsbeschluss ein klarer Wortbruch von Schwarz-Gelb. Wenige Monate vor der Bundestagswahl hätten sowohl der verkehrspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag als auch der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion während einer Allianz pro Schiene-Veranstaltung vor laufender Kamera versprochen, es werde sich nach der Wahl nichts am Mautverteilungsschlüssel ändern.
Die Bahnlobby verwies darauf, dass Ramsauer für 2011 zwar garantiert hätte, die nötigen Investitionen für die Wasserwege und den Schienenausbau an anderer Stelle aus dem Haushalt zu sichern. Trotzdem hat die Straßenlobby mit diesem von Schwarz-Gelb vollzogenen Coup ihre Schäfchen ins Trockene gebracht, weil der künftig zunehmende Spardruck auf allgemeine Haushaltsmittel primär zulasten der umweltverträglichen Güterbahnen und Binnenschiffe gehen wird, während der weitere Ausbau der Bundesfernstraßen durch die Lkw-Mauteinnahmen gesichert ist, sagte Flege. In Zeiten knapper Kassen sei der Finanzierungskreislauf Straße eine Lizenz zum Gelddrucken. Asphalt erzeugt sich selbst neu, und bei den umweltfreundlichen Verkehrsträgern wird der Stöpsel gezogen.