MÜNCHEN (Allianz pro Schiene) Die Allianz Pro Schiene appelliert an die Bundesländer, die Schiene in der Fläche zu erhalten und attraktiver zu gestalten. Norbert Hansen, Vorsitzender des Bündnisses und der Transnet Gewerkschaft GdED: „Die Reduzierung der Schiene auf Verbindungen zwischen Metropolen und den Nahverkehrszügen in wenigen Ballungsräumen wird auf entschiedenen Widerstand der Allianz Pro Schiene stoßen.“ Hansen appelliert an Bund und Länder, bei der Abgrenzung zwischen Nah- und Fernverkehr einen vernünftigen Kompromiss zu suchen. „Rückzugsdiskussionen wie jüngst beim Interregio führen zur Verunsicherung bei Mitarbeitern und Kunden“, bekräftigt der Vorsitzende des Bündnisses. Nur eine offensive Angebotspolitik führe hier weiter. Die Allianz Pro Schiene mahnt einen vernünftigen Dialog zwischen Bahn, Bund und Ländern an.
Eine Voraussetzung für den flächendeckenden Erhalt der Schiene sind faire Rahmenbedingungen für alle Verkehrsmittel. So muss die Schiene ihren Fahrweg über Trassengebühren fast vollständig selbst erwirtschaften, die Straße nicht. Die von Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig (SPD) mehrfach angekündigte streckenbezogene Schwerverkehrsabgabe für Lkw muss deshalb zum 1. Januar 2003 starten, die Höhe spürbar sein. Hansen: „Mit Landesverkehrsminister Jürgen Heyer aus Sachsen-Anhalt und Senator Peter Strieder aus Berlin bin ich mir einig, dass die derzeit diskutierten 25 Pfennig pro Kilometer nicht ausreichen. Mindestens 40 Pfennig sind nötig – die müssen dann jedes Jahr erhöht werden.“ Ansonsten seien die gewünschten Verlagerungseffekte von der Straße zur Schiene nicht zu erreichen. Die Länder sind über den Bundesrat am Gesetzgebungsverfahren beteiligt. Die Allianz Pro Schiene appelliert daher an die Länder, ihren Gestaltungsspielraum offensiv zu nutzen.
Spielraum für eine bessere Beteiligung von Fahrgästen und Kunden öffentlicher Verkehrsmittel sieht Karl-Peter Naumann, stellvertretender Vorsitzender der Allianz Pro Schiene und Bundesvorsitzender des Fahrgastverbandes Pro Bahn. „Pro Bahn wird in Schleswig-Holstein am Fahrgastbeirat auf Initiative des Landesverkehrsministeriums mitarbeiten. Als Aufgabenträger für den Nahverkehr sollten die Länder stärker als bisher ihre Kunden mit einbeziehen“, stellt Naumann fest. Kritisch hingegen sieht Naumann die Pläne zum neuen Preis- und Tarifsystem der Deutschen Bahn AG (DB). So betrachtet die DB nach Naumanns Einschätzung den Nahverkehr als „lästiges Anhängsel“. Die Länder als Aufgabeträger für den Nahverkehr sollten Informationen bei der DB zu den Plänen einfordern und ihren Spielraum bei der Tarifgenehmigung nutzen. „Über 80 Prozent der Fahrgäste der Bahn sind im Nahverkehr unterwegs. Sie dürfen von einem neuen Tarifsystem nicht wesentlich benachteiligt werden“, stellt Naumann fest.
Eine verfehlte Investitionspolitik bei den Verkehrswegen steht für Richard Mergner, Vorstandsmitglied in der Allianz Pro Schiene und verkehrspolitischer Sprecher des Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), im Mittelpunkt der Kritik. Statt neue Straßen zu bauen fordert der BUND die Sanierung der vorhandenen Verkehrswege, den Einsatz moderner öffentlicher Verkehrsmittel und den Ausbau des Radwegenetzes. Mergner: „Den Bau neuer Straßen können sich Bayern und der Bund weder haushaltspolitisch noch umweltpolitisch leisten. Die Sanierung des Schienennetzes, die Modernisierung des Fuhrparks öffentlicher Verkehrsmittel müssen Vorrang bekommen.“
Der BUND fordert vor dem Hintergrund der EU-Osterweiterung ein Aktionsprogramm „Güter auf die Schiene“ zwischen Bayern und Tschechien. Ostbayern und der vom Transitverkehr betroffene Nürnberger Raum drohen am wachsenden Lkw-Verkehr zu ersticken. Deshalb müssen Ausbau und Modernisierung der Bahnlinien Nürnberg-Marktredwitz-Cheb-Prag und Nürnberg/Regensburg-Furth im Wald-Pilsen-Prag für schnellen Güter- und Personenverkehr – mit finanzieller Unterstützung des Freistaates Bayern und der Europäischen Union vorangetrieben werden. Weiterhin – so Mergner – müsse die nächtliche Streckenstillegung zwischen Schwandorf und Furth im Wald aufgehoben werden. Der BUND appelliert an die Länder, ein Gleisanschlussprogramm für Gewerbegebiete aufzulegen. Mergner: „Hier könnte der Freistaat Bayern mit gutem Beispiel vorangehen und den Gleisanschluss für neue Gewerbegebiete vorschreiben.“
Die Verkehrsminister und Senatoren der Länder tagen am 15. und 16. Mai in der Neuen Messe in München. Neben den aktuellen Entwicklungen geht es um die Zukunft der Regionalisierung im Nahverkehr, die EU-Osterweiterung und der Investitionen in die Schiene. An der Konferenz nimmt auch Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig (SPD) teil.