Berlin. Millionen von Berufspendlern drohen nicht nur höhere Fahrpreise, sondern auch massive Angebotsverschlechterungen der Bahnen im Nahverkehr. „Wenn der angekündigte Kahlschlag bei den Regionalisierungsmitteln kommt, ist zu befürchten, dass die Länder bereits in drei Jahren jeden fünften Nahverkehrszug abbestellen müssen“, sagte Allianz pro Schiene-Geschäftsführer Dirk Flege am Donnerstag in Berlin.
Wegen des hohen Anteils nicht beeinflussbarer Kosten im Schienenpersonennahverkehr wie beispielsweise Fixkosten für Fahrzeuge und Energie „führen 10 Prozent weniger Bundeszuweisungen zu 20 Prozent Angebotsreduzierung“, warnte Flege. Durch Fahrpreiserhöhungen und verstärkten Wettbewerb bei der Vergabe von Schienenverkehrsleistungen könnten die angekündigten Kürzungen in Milliardenhöhe „nie und nimmer kompensiert werden“.
„Diejenigen Politiker, die meinen, mit weniger Geld und einem effizienteren Mitteleinsatz in etwa das gleiche Angebot halten zu können, sind völlig falsch gewickelt“, so der Geschäftsführer des Schienenbündnisses. Aufgabe der nächsten Jahre sei nicht ein in etwa gleichbleibendes Angebot, sondern eine spürbare Angebotsausweitung.
Flege: „Noch nie sind in Deutschland so viele Menschen Bahn gefahren wie zur Zeit, die Benzinpreise steigen, die Regierung will weg vom Öl, gleichzeitig soll das Angebot im Öffentlichen Nahverkehr ausgedünnt oder bestenfalls konstant gehalten werden – das passt nicht zusammen“. Notwendig sei eine massive Angebotsausweitung im Öffentlichen Nahverkehr. Von 1997-2004 ist die Zahl der Fahrgäste im Schienenpersonennahverkehr um 25 Prozent gestiegen und die Mittelzuweisung des Bundes um 10 Prozent. Das bedeutet, die Zahl der Fahrgäste ist mehr als doppelt so schnell gestiegen wie die Mittelzuweisung.
Ähnlich argumentiert Bernhard Wewers, Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft der Aufgabenträger des SPNV: „Wir haben in den vergangenen Jahren durch Wettbewerb den Nahverkehr immer effizienter und besser gemacht. Die Einsparungen haben alle Länder genutzt, um das Angebot zu verbessern. Wenn wir jetzt das Angebot wieder ausdünnen müssen, wird dieser Erfolg zunichte gemacht.“
„Wirtschaft und Politik verlangen von den Menschen im Interesse des Wirtschaftsstandortes Deutschland eine immer stärkere Mobilitätsbereitschaft. Ihnen jetzt die Möglichkeit zu nehmen, mit Bus und Bahn zu pendeln und Fahrplanausdünnungen in Kauf zu nehmen, ist ein unausgegorener Schnellschuss“, kritisierte Flege die gestrigen Ankündigungen des haushaltspolitischen Sprechers der Union im Bundestag, Steffen Kampeter.