Berlin. Der Verkehrspolitik der neuen Bundesregierung fehlt es nach Ansicht der Allianz pro Schiene an Geist, Phantasie und klaren Zielen. Das Verkehrskapitel im Vertrag zwischen Union und FDP sei geprägt von Denkverboten, mit denen ein Schutzschirm über den Straßenverkehr gezogen werden solle, bemängelte der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege, am Samstag in Berlin. Flege nannte als Beispiele die drastischen Absagen an City-Maut, höhere Lkw-Maut, Kostenwahrheit im Verkehr oder Tempolimits auf Autobahnen. Nötige Veränderungen werden durch Mit-uns-nicht-Parolen fast schon manisch abgewehrt, der Status Quo wird zementiert, eine Aufbruchstimmung fehlt völlig, kritisierte Flege.
Trotz vollmundiger Absichtserklärungen im Umweltkapitel formuliere der Koalitionsvertrag für den Verkehrssektor kein Klimaschutzziel. Der Verkehr produziert immer noch besorgniserregende CO2-Mengen“, sagte Flege. Und Schwarz-Gelb schaut antriebslos zu.“ Statt die Rolle der Schiene beim Klimaschutz zu stärken, begnüge sich der Koalitionsvertrag damit, Elektroautos als Klimaretter zu beschwören. Flege: Die Koalition setzt Elektromobilität mit Straßenverkehr gleich – tatsächlich findet Elektromobilität in Deutschland aber auf der Schiene statt.“
Flege beklagte auch, dass sich Schwarz-Gelb beim Thema Bahn in der Zuschauerrolle“ sehe. Im Vertrag spricht die neue Regierung davon, die positive Entwicklung der Deutschen Bahn AG zu begleiten. Für uns klingt das nach Fernsehsessel.“ Eine Art Vision formuliere der Koalitionsvertrag lediglich für den Weltraum, bemängelte Flege und verwies auf Zeile 1260, in der es heißt: Deutschland braucht klare Ziele in der Raumfahrt. Dafür wird eine eigenständige Raumfahrtstrategie mit klaren Missions- und Technologiezielen innerhalb eines Jahres weiterentwickelt.“ Der Allianz pro Schiene-Geschäftsführer forderte Schwarz-Gelb auf, eine solche Zielstrebigkeit auch bei der Eisenbahnpolitik an den Tag zu legen. Bislang habe sich die Koalition noch nicht einmal dazu durchringen können, einen steigenden Marktanteil für den Schienenverkehr wenigstens anzustreben.
Positiv vermerkte die Allianz pro Schiene, dass die Verkehrsfachpolitiker an der gesetzlich vereinbarten Dynamisierung der Mittel für den regionalen Schienenverkehr festgehalten hätten. Hoffnungen knüpfe man auch an den Deutschland-Takt“, der laut Koalitionsvertrag geprüft werden soll. Wir plädieren dafür, dass Eisenbahnunternehmen und Fahrgäste dabei mitreden dürfen“, sagte Flege und bot dem neuen Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) eine konstruktive Mitarbeit“ an. Dass Ramsauer bisher noch nicht als Verkehrspolitiker in Erscheinung getreten sei, wollte Flege nicht als Nachteil werten. Ein offener, unideologischer Blick ist beim Thema Verkehr schon ein großer Vorteil“, sagte der Allianz pro Schiene-Geschäftsführer.
Die Allianz pro Schiene ist das Bündnis in Deutschland zur Förderung des umweltfreundlichen und sicheren Schienenverkehrs. In dem Bündnis haben sich 16 Non-Profit- Verbände zusammengeschlossen: die Umweltverbände BUND, NABU, Deutsche Umwelthilfe und NaturFreunde Deutschlands, die Verbraucherverbände Pro Bahn, DBV und VCD, die Automobilclubs ACE und ACV, die drei Bahngewerkschaften TRANSNET, GDBA und GDL sowie die Eisenbahnverbände BDEF, BF Bahnen, VBB und VDEI. Die Mitgliedsverbände vertreten mehr als 2 Millionen Einzelmitglieder. Unterstützt wird das Schienenbündnis von 93 Unternehmen der Bahnbranche.