Berlin. Entgegen anders lautendenden Agenturmeldungen ist Deutschland in 2010 nicht Gigalinerfrei. Seit dem 1. Dezember erlaubt Schleswig-Holstein per Sondergenehmigung, dass ein dänischer Riesen-Lkw die Grenze überquert. Weitere Sondergenehmigungen könnten folgen. Auch Mecklenburg-Vorpommern verlängert seinen Pilotversuch mit den 25,25 Meter langen Megatrucks bis zum Jahresende 2010, wie eine Sprecherin des Schweriner Verkehrsministeriums der Allianz pro Schiene auf Nachfrage bestätigte. Lediglich in Thüringen enden die Monstertruck-Fahrten auf dem öffentlichen Straßennetz zum Jahresende.
Für Martin Roggermann, Koordinator des europaweiten Bündnisses No Mega Trucks, ist die von Schleswig-Holstein erteilte Fahrerlaubnis für dänische Riesen-Lkw auf deutschem Staatsgebiet ein politischer Skandal. Erstmals werden Monstertrucks aus dem Ausland nach Deutschland reingelassen. Dabei sind nach geltendem EU-Recht grenzüberschreitende Fahrten überlanger und überschwerer Lkw ausdrücklich verboten, Ausnahmen sind nicht vorgesehen. Offenbar fallen unter der neuen Bundesregierung schon vor Beginn der geplanten bundesweiten Pilotversuche die Schamgrenzen und die Schlagbäume gehen hoch, sagte Martin Roggermann am Dienstag in Berlin.
Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat sich in ihrer Koalitionsvereinbarung für einen bundesweiten Feldversuch mit größeren und schwereren Lkw als den bislang in Deutschland erlaubten Fahrzeugen ausgesprochen. Ein Sprecher von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer versicherte der Allianz pro Schiene auf Anfrage, dass es über Zeitpunkt und Routen dieser Tests derzeit noch keine konkreten Planungen gebe.
Nach Darstellung des schleswig-holsteinischen Wirtschaftsministeriums hat sich der Ex-Verkehrsminister Jörn Biel (CDU) im Sommer 2009 für die Sonderfahrten stark gemacht. Es handele sich dabei um einen Sondertransport mit Überlänge, dessen Höchstgewicht allerdings auf 40 Tonnen begrenzt bleibe, was so das Ministerium weitere Interessenten abgeschreckt habe. Der Interessenverband der international tätigen dänischen Straßengüterverkehrsunternehmer ITD sieht diese erste Sondererlaubnis allerdings als Türöffner für eine Korridorlösung, bei der Gigaliner im Verkehr zwischen Nordeuropa und dem Hamburger Hafen zum Einsatz kämen. Eine Route bis in die Niederlande durch Niedersachsen hindurch sei für den ITD der nächste Schritt, so ein ITD-Vertreter in der Deutschen Verkehrs Zeitung. In Dänemark und den Niederlanden fahren Riesen-Lkw nach weitläufigen Massentests inzwischen praktisch überall.
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Die Allianz pro Schiene ist das Bündnis in Deutschland zur Förderung des umweltfreundlichen und sicheren Schienenverkehrs. In dem Bündnis haben sich 16 Non-Profit- Verbände zusammengeschlossen: die Umweltverbände BUND, NABU, Deutsche Umwelthilfe und NaturFreunde Deutschlands, die Verbraucherverbände Pro Bahn, DBV und VCD, die Automobilclubs ACE und ACV, die drei Bahngewerkschaften TRANSNET, GDBA und GDL sowie die Eisenbahnverbände BDEF, BF Bahnen, VBB und VDEI. Die Mitgliedsverbände vertreten mehr als 2 Millionen Einzelmitglieder. Unterstützt wird das Schienenbündnis von 93 Unternehmen der Bahnbranche.