NRW, Berlin und Baden-Württemberg liegen vorn

Bundesländerindex Mobilität: Nachhaltige Verkehrspolitik wird messbar

Berlin. Zwischen den 16 deutschen Bundesländern gibt es beim Thema „nachhaltige Mobilität“ erhebliche Unterschiede. Das geht aus dem wissenschaftlich begleiteten „Bundesländerindex Mobilität“ hervor, den die Allianz pro Schiene am Donnerstag in Berlin vorstellte. Danach rangieren das Flächenland Nordrhein-Westfalen und der Stadtstaat Berlin mit Abstand an der Spitze der Bundesländer, gefolgt von Baden-Württemberg, Bremen und Rheinland Pfalz. Auf den letzten drei Rängen des Rankings finden sich Niedersachsen (14), Sachsen-Anhalt (15) und Hessen (16).

Es mag überraschen, dass sich in der Rangfolge der Bundesländer keinerlei Ost-Westgefälle zeigt. „Wir finden alte und neue Bundesländer ganz vorne, im Mittelfeld und ganz hinten. Einen messbaren Nachholbedarf des Ostens bei nachhaltiger Mobilität konnten wir nicht feststellen“, sagte der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege, bei der Vorstellung des Indexes am Donnerstag in Berlin. „Der Spitzenreiter NRW widerlegt auch die Mär vom Rückstand des Westens“, sagte Flege. Die Schablone reiche Länder/arme Länder tauge ebenfalls nicht als Schlüssel. „In schöner Harmonie bilden die hochverschuldeten Länder Berlin und Nordrhein-Westfalen zusammen mit dem in Sachen Verschuldung gut dastehenden Baden-Württemberg das Spitzentrio“, sagte der Allianz pro Schiene-Geschäftsführer. Bei allen Verschiedenheiten hätten Nordrhein-Westfalen, Berlin und Baden-Württemberg eins gemeinsam: „Die drei Bestplatzierten sind allesamt mit ehrgeizigen politischen Zielen zur nachhaltigen Mobilität aufgefallen“, sagte Flege.

Einen systematischen Bundesländervergleich, der vorhandene statistische Daten im Bereich Mobilität oder die verkehrspolitischen Weichenstellungen in allen 16 Ländern abfragt und vergleichbar aufbereitet, gibt es bislang nicht. Mit dem „Bundesländerindex Mobilität“ betritt die Allianz pro Schiene daher verkehrspolitisches Neuland. Die Datensammlung soll von jetzt an jedes Jahr aktualisiert erscheinen und Anregungen zur Diskussion liefern. Bürger, Verbände und Politiker eines Bundeslandes können erstmals direkt ablesen, wie nachhaltig die Mobilität des eigenen Umfelds bei der Statistik und den politischen Zielen im Vergleich mit den Nachbarn ausgerichtet ist. Eine Mobilität, die im Sinne des Allianz pro Schiene-Indexes nachhaltig ist, erreicht im Kraftfeld des Dreiklangs von Ökonomie, Ökologie und Sozialem eine möglichst ausgewogene Lösung: Nachhaltige Verkehrspolitik setzt begrenzte Ressourcen effizient ein, nutzt verstärkt erneuerbare Energien und ermöglicht es gleichwohl weiten Teilen der Bevölkerung, an der Mobilität teilzuhaben.

Für den Bundesländerindex Mobilität hat sich die Allianz pro Schiene wissenschaftliche Begleitung gesichert: Prof. Dr. Wolfgang Stölzle, Leiter des Lehrstuhls für Logistikmanagement an der Universität St. Gallen, hat den fertigen Index auf Herz und Nieren geprüft und auch zuvor schon seine Entstehung kritisch begleitet. „Es gehört Mut dazu, einen Bereich anzufassen, der so viele innere Widersprüche in sich birgt“, sagte Stölzle bei der Vorstellung des Indexes in Berlin. Schließlich berge das Konzept der nachhaltigen Mobilität eine Fülle von Zielkonflikten: So führe ein guter Wert beim Indikator „Erreichbarkeit von Zielen mit dem Öffentlichen Verkehr“ möglicherweise dazu, dass ein Land beim Indikator „Verkehrslärm“ schlechter abschneide. „Weil der Bundesländerindex Statistik und politische Ziele gleichermaßen betrachtet, gelingt es, Anspruch und Wirklichkeit zu reflektieren.“

Auch für den Bundesvorsitzenden des ökologischen Verkehrsclubs VCD, Michael Ziesak, birgt das Länderranking viel Spannung. „Ich bin sicher, dass der Bundesländerindex der Allianz pro Schiene auf der Ebene der Bundesländer für dauerhafte Diskussionen sorgt.“ So versetze der Ländervergleich die Verbände in die Lage, „mit klar messbaren Anliegen in den Ministerien vorzusprechen“. Ziesak, der zugleich stellvertretender Vorsitzender der Allianz pro Schiene ist, appellierte an die Verkehrsminister, sich politische Ziele für mehr Nachhaltigkeit im Verkehr zu setzen. „Der Index zeigt, dass es besonders den Ländern im Mittelfeld und auf den hinteren Rängen an eigenen Vorstellungen für eine zukunftstaugliche Mobilität fehlt“, sagte der VCD-Bundesvorsitzende.

Die Gesamtplatzierung eines Bundeslandes im Länderranking ergibt sich aus zwei Säulen, die zu gleichen Teilen das Ergebnis bestimmen: der „Statistik-Index nachhaltige Mobilität“ wird über Indikatoren zu Bezahlbarkeit, Sicherheit, Qualität des öffentlichen Verkehrs, Flächeninanspruchnahme, Klimaschutz, Luftqualität, Lärm, Ressourcenschonung und Wertschöpfung aufgebaut. Der „Politik-Index nachhaltige Mobilität“ speist sich aus einer ausführlichen Befragung aller Länderverkehrsminister und einer Umfrage unter mobilitätsrelevanten Verbänden mit einer föderalen Struktur.

 

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