Berlin. Mit 2400 Einsender-Briefen im Gepäck hat die Jury nach ausgedehnten Testreisen durch ganz Deutschland ihr Urteil gefällt: Bremen und Aschaffenburg gewinnen den Titel Bahnhof des Jahres 2012. Zum neunten Mal in Folge zeichnet die Allianz pro Schiene damit die kundenfreundlichsten Bahnhöfe Deutschlands aus. In der Kategorie Großstadtbahnhof gewann der Bremer Hauptbahnhof, dessen Eingangsportal die Jury als schönstes in ganz Deutschland würdigte.
In der Kategorie Kleinstadtbahnhof überzeugte das bayerische Aschaffenburg, das seit seiner Einweihung im Jahr 2011 so das Urteil der Jury eine beeindruckende 360 Grad-Öffnung zur Stadt geschafft hat. Den erstmals ausgelobten Sonderpreis Tourismus bekam das sächsische Bad Schandau für eine gelungene Verbindung von Natur, sanfter Mobilität und Tourismus.
Bremen Hbf: Märchenbau aus rotem Backstein
Bremens roter Backsteinbau mit den großen Rundbogenfenstern ist ein echter Augenschmaus, schwärmte die 5-köpfige Jury aus Vertretern des Fahrgastverbandes Pro Bahn, dem Deutschen Bahnkunden-Verband (DBV), dem Verkehrsclub Deutschland (VCD), dem Autoclub Europa (ACE) und der Allianz pro Schiene. Doch seit der Renovierung im Jahr 2001 gesellt sich zur schönen Hülle auch ein quirliges Innenleben in einer freundlichen hellen Halle, sagte Jury-Mitglied Dirk Flege. Das restaurierte Wandmosaik mit den Bremer Stadtmusikanten gebe dem Ort das nötige Lokalkolorit und mache den Bremer Hauptbahnhof zum städtischen Wahrzeichen. Bremens Hauptbahnhof ist ein Märchenbau, der die Alltagswünsche der Reisenden wahr macht, sagte der Allianz pro Schiene-Geschäftsführer Flege. Seit durch den Umbau aus den ehemals berüchtigten engen dunklen Tunneln warm ausgeleuchtete Ladenpassagen geworden sind, eint der Bremer Hauptbahnhof die Stadt und ihre Stadteile: Alles läuft auf ihn zu und durch ihn durch. Der Bremer Bahnhof ist ein echter Mittelpunkt, der sogar dem angrenzenden Viertel, der Bahnhofsvorstadt, einen Namen gibt, urteilte die Jury.
Aschaffenburg Hbf: Der Zugänglichste von allen
Auch der Aschaffenburger Hauptbahnhof überzeugte die Jury durch das besonders enge Verhältnis zu seiner Stadt. Egal durch welchen Ausgang der Reisende diesen Bahnhof betritt oder verlässt: Der Bau ist so eingebunden in sein Umfeld, dass die Übergänge fließend sind, urteilte die Jury nach dem Inkognito-Test.
Die Verkehrsexperten fühlten sich in dem lichten leichten Bahnhof mitgenommen und harmonisch geführt. Der Kundenservice vor Ort, die liebevolle Ausstattung der Parkhäuser und sogar die Bahnhofsunterführung erregte Begeisterung. Weil der kürzlich eingeweihte Neubau bei aller Funktionalität auch mit einem Mosaikfußboden glänzen kann, gerieten die Verkehrsexperten vollends ins Schwärmen: Ein architektonisches Meisterstück. Traumhaft schön.
Sonderpreis Tourismus 2012
Bahnhof Bad Schandau: Königreich für sanfte Touristen
Schon der Name ließ die Jury tief durchatmen: Nationalpark-Bahnhof Bad Schandau, das klingt nach frischer Luft und fröhlichen Menschen in Wanderstiefeln.
Das toskanisch anmutende Bahnhofsgebäude inmitten der sächsischen Schweiz versprach den Experten schon beim ersten Anblick Urlaubsfreuden und es hat sein Versprechen gehalten: Keine Hektik herrscht an diesem Drehkreuz des oberen Elbtals, die Reiseverpflegung mit regionalen Spezialitäten übernimmt im Bahnhof ein hübscher Bio-Markt und ein Fahrradverleih sorgt fürs umweltbewusste Fortkommen. Die Stadt Bad Schandau hat hier ein Königreich für sanften Tourismus geschaffen, lobte die Jury, die für den Sonderpreis von den NaturFreunden Deutschlands und der Kooperation Fahrtziel Natur verstärkt wird.
Kundenzufriedenheit mit kleinen Bahnhöfen steigt: Wunder Punkt ist Sicherheitsempfinden
Nach Kundenbefragungen von drei großen deutschen Aufgabenträgern verbessert sich seit einigen Jahren die Zufriedenheit der Reisenden besonders mit den kleinen Bahnhöfen. Die Statistiken decken sich mit den Erfahrungen der Jury: bei den Kleinstadtbahnhöfen gibt es einen Wandel zum Guten, sagte Jury-Mitglied Flege. Obwohl keine bundesweiten Erhebungen zum Thema verfügbar seien, könnten die Stationsberichte von VBB, VRR und LVS doch als Beleg dafür angesehen werden, dass die Finanzspritzen aus den Konjunkturpaketen bei den Reisenden angekommen seien.
Anlass zur Sorge sieht die Allianz pro Schiene allerdings beim Thema Sicherheit: nach einer aktuellen Forsa-Umfage fühlen sich die Reisenden an Bahnhöfen im Jahr 2012 weniger sicher als früher.
Die Checkliste ist immer dabei
Mit dem Wettbewerb Bahnhof des Jahres“ prämiert die Allianz pro Schiene seit 2004 jährlich den besten deutschen Großstadt- und Kleinstadtbahnhof. Ausgezeichnet wird nur, wer nach einer festen Kriterienliste am besten auf die Bedürfnisse der Bürger eingeht: Objektive Erfordernisse wie Kundeninformation, Sauberkeit, Integration in die Stadt und Verknüpfung mit anderen Verkehrsmitteln sind dabei ebenso entscheidend wie ein eher subjektiver Wohlfühlfaktor. Dass schmutzige Toiletten das Aus bedeuten, versteht sich. Weitere K.O.-Kriterien: Ein Bahnhof, der kein Personal vor Ort hat, der Sicherheitsmängel aufweist oder nicht barrierefrei gestaltet ist, kann nicht gewinnen. Die Siegerbahnhöfe der vorigen Jahre waren 2011: Leipzig und Halberstadt, 2010: Darmstadt und Baden-Baden, 2009: Erfurt und Uelzen, 2008: Karlsruhe und Schwerin, 2007: Berlin Hauptbahnhof und Landsberg am Lech, 2006: Hamburg Dammtor und Oberstdorf, 2005: Mannheim und Weimar und 2004: Hannover und Lübben.
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