Berlin, den 22. August 2013. Mit den Briefen von mehr als 2200 Einsendern im Gepäck hat die Jury nach ausgedehnten Testreisen durch ganz Deutschland ihr Urteil gefällt: Göttingen und Oberursel gewinnen den Titel Bahnhof des Jahres 2013. Zum zehnten Mal in Folge prämiert die Allianz pro Schiene damit die kundenfreundlichsten Bahnhöfe Deutschlands. In der Kategorie Großstadtbahnhof gewinnt das niedersächsische Göttingen, das die Jury als Deutschlands besten Fahrradbahnhof auszeichnete.
In der Kategorie Kleinstadtbahnhof überzeugt das hessische Taunus-Städtchen Oberursel, in dem die Jury ein Paradies für Pendler entdeckte. Den zum zweiten Mal ausgelobten Sonderpreis Tourismus bekommt das oberbayerische Murnau für seine wiederauferstandene Bahnhofskultur und eine konsequente Ausrichtung auf die Bedürfnisse von Touristen.
Ein Fahrradparkhaus mit Fahrradwaschanlage und angeschlossener Werkstatt? Das bietet in ganz Deutschland nur der Bahnhof Göttingen, schwärmte die 6-köpfige Jury aus Vertretern des Fahrgastverbandes Pro Bahn, dem Deutschen Bahnkunden-Verband (DBV), dem Verkehrsclub Deutschland (VCD), dem Autoclub Europa (ACE), dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club ADFC und der Allianz pro Schiene. Wie kein anderer Bahnhof Deutschlands habe sich die niedersächsische Studentenmetropole auf Fahrradfahrer, Fußgänger und Flaneure eingestellt. Und seit die Stadt ihren Vorplatz resolut aus der Umklammerung teils schrottreifer Fahrräder befreit hat, ist vor der schönen Sandsteinfassade ein harmonisch orchestrierter Platz entstanden, wo Reisende ihren geliebten Drahtesel nun standesgemäß abstellen und unter Palmen entspannt auf den nächsten Zug warten können, urteilte die Jury. Zugleich freuten sich die Bahnhofstester an dem eleganten und ebenfalls fußgängerfreundlichen Hintereingang: Keine Schmuddelecken, keine schummrigen Unterführungen: In Göttingen scheint hinten und vorne die Sonne.
Dass ein historisches Bahnhofsgebäude mit Fachwerk und Giebeln zwei Systeme des öffentlichen Verkehrs miteinander verklammert und dabei auch noch höchst ansehnlich aussieht, überzeugte die Jury beim Vorortest in dem hessischen Taunusstädtchen. Dieser Vorstadtbahnhof ist keiner von diesen lieblosen Umsteigebahnhöfen, die im städtischen Speckgürtel übermüdete S-Bahn-Pendler ausspucken. In Oberursel haben sich Verkehrsunternehmen und Stadt an einen Tisch gesetzt und ein kleines Paradies für Pendler geschaffen, lobte die Jury, die auch von den historischen Säulen des S-Bahn-Dachs und der guten Beschilderung des weitläufigen Areals sehr angetan war.
Zum zweiten Mal vergibt die Allianz pro Schiene in diesem Jahr einen Sonderpreis Tourismus. Das oberbayerische Murnau holt sich 2013 den Titel, nachdem das lachsrote Bahnhofsgebäude mit seinen Blumenkästen vor den Fenstern die Jury an einem trüben Tag mit wohliger Wärme empfangen hat. Die rührige Wirtin des Bahnhofscafés, ein unerschrockener Investor und eine zu allem entschlossene Stadtverwaltung haben das Dornröschen an den Gleisen aus einem tiefen Dauerschlaf erweckt. 10 Jahre brauchte der Umbauprozess, nun verfügt die Tourismusregion Blaues Land über einen Bahnhof, der Wandererherzen höher schlagen lässt. Ein touristenfreundlicher Automat mit kostenloser Hotelverbindung überzeugte die Jury dann vollends.
Die zehn jährige Geschichte des Wettbewerbs geht parallel mit einem dramatischen Wandel in der deutschen Bahnhofskultur, sagte Dirk Flege, Jury-Mitglied und Allianz pro Schiene-Geschäftsführer am Donnerstag in Berlin. In diesen Jahren hat sich die Deutsche Bahn von Hunderten kleiner Bahnhöfe getrennt. Viele dieser Gebäude seien zunächst in den Besitz von Immobilienfonds geraten und dem Verfall preisgegeben worden. In jüngster Zeit stoße die Jury auf ihren Rundreisen jedoch zunehmend auf die Früchte eines neuen Bürgerengagements. Städte und Kommunen kaufen sich ihre Bahnhöfe zurück und richten sie unter großem Anteil der Bürgerschaft liebevoll wieder her, sagte Flege. Murnau und Oberursel sind gute Beispiele für diesen Prozess hin zum Bürgerbahnhof. Flege verwies darauf, dass der Wettbewerb Bahnhof des Jahres in den 10 Jahren seines Bestehens zu einer eigenen Marke geworden sei. Auch im Jahr 2013 griffen Bahnhofsfans aus ganz Deutschland wieder zur Feder und wiesen mit ihren Nominierungen an die Allianz pro Schiene der Jury den rechten Weg. Den meistnominierten 20 Bahnhöfen der Einsender stattete die Jury im Juli incognito einen Besuch ab. Sogar ein fiktiver Bahnhof schaffte es auf unsere Exzellenzliste: Etwashausen besitzt in der Berliner Journalistenszene viele bekennende Fans, berichtete Flege.
Mit dem Wettbewerb Bahnhof des Jahres“ prämiert die Allianz pro Schiene seit 2004 jährlich den besten deutschen Großstadt- und Kleinstadtbahnhof. Ausgezeichnet wird nur, wer nach einer festen Kriterienliste am besten auf die Bedürfnisse der Bürger eingeht: Objektive Erfordernisse wie Kundeninformation, Sauberkeit, Integration in die Stadt und Verknüpfung mit anderen Verkehrsmitteln sind dabei ebenso entscheidend wie ein eher subjektiver Wohlfühlfaktor. Dass schmutzige Toiletten das Aus bedeuten, versteht sich. Weitere K.O.-Kriterien: Ein Bahnhof, der kein Personal vor Ort hat, der Sicherheitsmängel aufweist oder nicht barrierefrei gestaltet ist, kann nicht gewinnen. Die Siegerbahnhöfe der vorigen Jahre waren 2012: Bremen und Aschaffenburg, 2011: Leipzig und Halberstadt, 2010: Darmstadt und Baden-Baden, 2009: Erfurt und Uelzen, 2008: Karlsruhe und Schwerin, 2007: Berlin Hauptbahnhof und Landsberg am Lech, 2006: Hamburg Dammtor und Oberstdorf, 2005: Mannheim und Weimar und 2004: Hannover und Lübben.