Mit der Sperrung der Rheintalbahn bei Rastatt erlebt der europäische Schienengüterverkehr ein Debakel von bislang unvorstellbaren Ausmaßen. Die Allianz pro Schiene fordert von Bund und Deutscher Bahn ein breit angelegtes Rückfallkonzept, um mit Alternativrouten zu verhindern, dass Güter in großem Stil auf die Straße abwandern. Die Politik müsse mit einem Sofort-Elektrifizierungsprogramm dafür sorgen, dass Oberleitungs-Lücken im deutschen Netz schnell geschlossen werden, forderte die Allianz pro Schiene.
Berlin, den 28. August 2017. „Die Strecke der Rheintalbahn bei Rastatt ist eine der Lebensadern des Güterverkehrs in ganz Europa. Dass die Sperrung bis in den Oktober hinein dauern soll, ist nahezu unvorstellbar“, sagte der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege am Montag in Berlin. Bereits jetzt gebe es – mangels ausreichender Alternativstrecken – eine massenhafte Verlagerung von Gütern auf die Straße. Die Folgen für die Wirtschaft seien verheerend, ganz zu schweigen von den Folgen für Umweltbilanz und Verkehrssicherheit. „Nun rächt es sich, dass der Bund über Jahrzehnte beim Ausbau seines Schienennetzes geknausert hat“, sagte Flege und verwies darauf, dass mögliche Umleitungen zur gesperrten Strecke nicht elektrifiziert sind. „Beim Straßennetz wäre der Fall Rastatt ein Ding der Unmöglichkeit: Strecken ohne Umleitungen gibt es auf der Straße nicht. Beim Schienennetz ist in Deutschland alles auf Kante genäht.“
Die Politik solle nun keine Zeit verlieren und mit einem energischen Krisenmanagement beginnen. „Wir wünschen uns, dass der Bundesverkehrsminister sich als Krisenpartner für die Güterbahnen in Deutschland und im europäischen Ausland versteht, damit sie diese Sperrung bewältigen und wirtschaftlich überleben können“, sagte Flege. Gemeinsam sollten der Infrastrukturbetreiber Deutsche Bahn und die Nutzer des Netzes mit dem Ministerium ein Rückfallkonzept erarbeiten, damit Engpässe dieser Art künftig ausgeschlossen werden können. „Elektrifizierungslücken wie zwischen Tübingen und Horb darf es in Zukunft nicht mehr geben. Der Bund muss jetzt zügig die nötigen Investitionen bereit stellen“, bemängelte Flege.
„Viele Europäer schütteln über die Rastatter Sperrung mit Recht den Kopf, und wir müssen leider konstatieren, dass Deutschland bei der Elektrifizierung seines Schienennetzes etliche Hausaufgaben noch nicht gemacht hat“, kritisierte der Allianz pro Schiene-Geschäftsführer. Neueste EU-Zahlen zeigen, dass Deutschland beim Elektrifizierungsgrad seines Netzes mit einer Quote von 60 Prozent im EU-Vergleich nur sehr mittelmäßig unterwegs ist.
Die Allianz pro Schiene forderte, dass sich die neue Bundesregierung gleich nach der Wahl ein Elektrifizierungsziel von 70 Prozent bis 2025 ins Stammbuch schreiben solle. „Dann können wir unseren europäischen Nachbarn wenigstens sagen: Schlecht gelaufen, aber wir haben draus gelernt.“