Berlin, 26. August 2021. Alle im Bundestag vertretenen Parteien treten zur Bundestagswahl mit dem Versprechen an, in der nächsten Legislaturperiode die klimafreundliche Schiene stärken zu wollen. Dies zeigt eine Auswertung der Wahlprogramme durch das gemeinnützige Verkehrsbündnis Allianz pro Schiene.
„Das erste Mal überhaupt sind sich alle größeren Parteien in dem Grundsatz einig, dass die Stärkung der klimafreundlichen Schiene zu den wichtigen Aufgaben der künftigen Bundesregierung gehört“, sagte Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, am Donnerstag in Berlin. „So viel Konsens jedenfalls im Grundsätzlichen hatten wir noch nie. Die breite Rückendeckung für die Schiene gibt Anlass zur Hoffnung, dass wir mit der Verkehrswende hin zu einer umweltschonenden und nachhaltigen Mobilität nach der Bundestagswahl entscheidend vorankommen können.“
Entsprechend nimmt der Schienenverkehr deutlich mehr Raum in den Wahlprogrammen ein. Viel Rückendeckung bekommen die drei Kernforderungen der Schienenbranche, die Anfang des Jahres acht Bahnverbände gemeinsam erhoben haben: Ausbau der Infrastruktur (inklusive Umsetzung des Deutschlandstakts), Digitalisierung und Verkehrswende. Das Bekenntnis zum Deutschlandtakt als Vision für ein neues Zeitalter im Schienenverkehr findet sich in den Wahlprogrammen aller Parteien mit Ausnahme der FDP. Doch auch detaillierte Vorschläge wie multimodale Lösungen für den kombinierten Verkehr sowie Mobilitätsgarantien im ländlichen Raum haben es in die Wahlprogramme geschafft.
Allerdings zeigen sich bei genauerer Betrachtung jenseits des allgemeinen Bekenntnisses zur Schiene bei den konkreten Vorhaben doch größere Unterschiede. Die Union möchte zwar den Schienenverkehr mit dem Deutschlandtakt stärken. Zugleich will sie in Schiene und Straße gleichermaßen auf hohem Niveau investieren. Damit fehlt eine klare Prioritätensetzung für den klimafreundlichen Verkehrsträger Schiene, wie sie die Bahnverbände von der Politik einfordern. Mit der Forderung nach Trassenpreissenkung unterstützt die Union aber ein anderes wichtiges Anliegen der Schienenbranche, das sich auch im Forderungskatalog der Bahnverbände findet.
Die SPD sagt zu, den Deutschlandtakt rasch einführen und ihn auf die europäische Ebene ausweiten zu wollen. Hierzulande setzt sie dafür sowohl auf den Bau neuer als auch auf die Reaktivierung alter, stillgelegter Strecken. Ebenso kündigen die Sozialdemokraten an, die Elektrifizierung voranzutreiben. Und sie treten für ein 365-Euro-Ticket ein sowie für eine Bahnreform, um die Deutsche Bahn AG gemeinwohlorientiert auszurichten.
Die FDP spricht sich ähnlich wie die Union dafür aus, die Investitionen sowohl in die Straße als auch für die Schiene zu steigern. Eine zentrale Rolle bei den Liberalen spielt die Forderung nach Trennung von Netz und Betrieb mit einer Herauslösung des Netzes aus dem Konzern Deutsche Bahn. Eine daraus resultierende Privatisierung des Betriebs soll den Wettbewerb zwischen Eisenbahnunternehmen fördern und das Angebot kundenfreundlicher machen.
Die AfD legt ihr Augenmerk auf den Ausbau der Hochgeschwindigkeitsnetze und die damit erzielten verkürzten Reisezeiten, wird in der Umsetzung jedoch wenig konkret. Allerdings bekennt sie sich zum Deutschlandtakt und zu einem besser ausgebauten und abgestimmten Nah- und Fernverkehrsnetz nach Schweizer Vorbild. Insgesamt betont die AfD aber, den motorisierten Individualverkehr unterstützen und fördern zu wollen.
Die Linke stellt die Schiene in den Mittelpunkt der von ihr angestrebten Mobilitätswende. Das Gleisnetz möchte sie vom Gewinndruck befreien und die Deutsche Bahn am Gemeinwohl ausrichten. Zudem spricht sie sich für eine weitere Elektrifizierung der Schiene sowie die Reaktivierung stillgelegter Strecken aus. Als einzige Partei plädiert die Linke für ein Verbot von Kurzstreckenflügen. Die öffentlichen Investitionen in die Schiene sollen bei gleichzeitiger Senkung der Trassenpreise um das Fünffache erhöht werden. Darüber hinaus strebt die Partei ein europaweites Nachtzugnetz, die Abschaffung von Subventionen für fossile Treibstoffe sowie die Einführung einer „Sozial-BahnCard“ an.
Die Grünen bekennen sich klar zur Stärkung der Schiene. Dafür setzen sie auf einen raschen Ausbau und die weitere Elektrifizierung des Gleisnetzes. Auch in der Fläche soll es mehr Alternativen zum Auto geben, unter anderem mit Deutschlandtakt und Streckenreaktivierungen. Deutliche Trassenpreissenkungen und Investitionen von 100 Milliarden Euro in die Schieneninfrastruktur bis 2035 sollen Anreize zur Verkehrswende setzen. Ziel ist, Kurzstreckenflüge bis 2030 überflüssig zu machen. Zur Finanzierung der Schienen-Investitionen wollen die Grünen einen Infrastrukturfonds schaffen, der sich auch aus der Lkw-Maut speist.
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