Der Andrang war groß: Zusammen mit Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesumweltministerium, startete Allianz pro Schiene Geschäftsführer Dirk Flege am Freitag das Projekt „Klima Dialog: Mehr Klimaschutz mit Schienenverkehr“ vor rund 200 geladenen Gästen im Lichthof des Ministeriums in Berlin. „Der Schienenverkehr nimmt eine Schlüsselrolle in der Dekarbonisierung des Verkehrs ein“, machte Flasbarth in der Eröffnungsrede klar. Jetzt müsse die Schieneninfrastruktur ausgebaut und ertüchtigt, Engpässe beseitigt und Innovationen gefördert werden, damit mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagert werden kann. Wie das zu schaffen ist, wird in den nächsten zwei Jahren im Klima Dialog skizziert.
Und es wird höchste Eisenbahn. Denn ohne eine faire Wettbewerbssituation büße der Schienenverkehr auf lange Sicht seine Systemvorteile gegenüber LKW und Flugzeug ein, sagte Bahn-Vorstand Ronald Pofalla auf dem Klima Dialog. Allein in den letzten drei Jahren seien die Kosten durch EEG-Umlage, Stromsteuer-Erhöhungen und weitere Maßnahmen um 600 Millionen Euro gestiegen. „So können wir kaum noch wirtschaftlich arbeiten“, so Pofalla. Trotzdem sei das Ziel der Deutschen Bahn bis zum Jahr 2020 den Anteil Erneuerbarer Energien am Fahrstrom von 42 auf 45 Prozent zu steigern. Ein wichtiger Schritt für Deutschlands Klimaziele, denn schon jetzt würden mit dem Schienenverkehr jedes Jahr 12 Millionen Tonnen CO2 weniger in die Luft geblasen.
Beispiele für eine gelungene Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene wurden im Anschluss geliefert. Der Chemiekonzern BASF transportiert 26 Prozent aller Güter auf der Schiene, erklärte der Logistik-Chef des Unternehmens Dr. Thorsten Bieker. BASF liegt damit deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 17 Prozent. Bei einem jährlichen Transportvolumen von 14,3 Millionen Tonnen seien statistisch 363 Güterwaggons pro Tag im Auftrag des Chemiekonzerns unterwegs. Trotz des hohen Anteils des Schienengüterverkehrs: 32 Prozent des Gesamtvolumens würden noch immer auf der Straße befördert – 1.966 LKW pro Tag.
Mit eigens entwickelten XXL-Tankcontainern will das Unternehmen künftig den Schienentransport effizienter machen. 63.000 Liter passen in den Tank, der per Kran auf Trägerwaggons geladen werden kann. Der XL-Tankcontainer sei damit wesentlich effizienter als die herkömmlichen 36.000-Liter-Tanks und Kesselwagen.
Satte 70 Prozent des Transportvolumens befördert die Hamburger Spedition Konrad Zippel auf der Schiene. Vor allem im Seehafenhinterland-Transport sei der Schienengüterverkehr das Rückgrat der Zippel Group, so Geschäftsführer Axel Kröger. Rund 2.500 Standardcontainer würden pro Woche auf der Schiene bewegt, die Route Hamburg – Bremerhaven sogar täglich bedient. Im Hinblick auf den Klima Dialog sprach sich Kröger vor allem für den Ausbau der Seehafenhinterland-Anbindungen und für eine Senkung der Stromsteuer bei der Bahn aus. Wichtig sei zudem auch, dass der Schienengüterverkehr als Pflichtfach für angehende Speditionskaufleute gelehrt werde.
Links liegen gelassen in der Debatte um CO2-Einsparungen wurde bisher der Schienenpersonennahverkehr (SPNV), mahnte Susanne Henckel an, Geschäftsführerin des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburgs (VBB). Zwar habe der ÖPNV in den vergangenen Jahren Marktanteile gewonnen, allerdings auf einem sehr niedrigen Niveau. Hier sei die Politik in der Pflicht, einerseits Vorgaben für den SPNV zu machen, damit Fahrzeughersteller, Aufgabenträger und Eisenbahnverkehrsunternehmen die Chancen der Schiene tatsächlich nutzen könnten. Andererseits müsse die Wettbewerbsfähigkeit der Schiene gestärkt werden, z.B durch eine Deckelung der Infrastrukturkosten, die Förderung von Technologieforschung und den Ausbau der Schieneninfrastruktur – insbesondere in den Ballungszentren.
Mit diesen zahlreichen Ideen und konkreten Forderungen nahm der Klima Dialog schon kurz nach dem Startschuss ordentlich Fahrt auf. Das Ziel des Projekts sei es, eine Rail Map mit Empfehlungen für die nächsten Jahre zu erstellen, erklärte Allianz pro Schiene Geschäftsführer Dirk Flege am Ende der Veranstaltung. Wie geht es jetzt weiter?
Dabei werden gemeinsam Zukunftsszenarien entwickelt und konkrete Beiträge und Maßnahmen der beteiligten Akteure festgehalten. Auch die Öffentlichkeit soll am Klima Dialog teilhaben. Das wichtigste Ziel: Der CO2-Ausstoß muss verringert werden.