Plötzlich Lokführer, Folge 3

Unterricht im VDEF-Bildungszentrum: Vom Signalbuch zum Zugsimulator

Plötzlich Lokführer Folge 3 – Allianz pro Schiene – Andre Kleinbölting

Zwanzig lange Jahre saß André Kleinbölting im Fahrerhaus seines Lkw und alles sprach dafür, dass er auch die nächsten zwanzig Jahre dort sitzen würde. Doch der 43-Jährige hat auf die Bremse getreten und einen Neuanfang gewagt. Seit Oktober lernt Kleinbölting den Beruf Lokführer auf einer Akademie der SBB Cargo International. Die Allianz pro Schiene wird den Quereinsteiger durch seine zehnmonatige Ausbildung am Standort Köln begleiten und in loser Folge berichten: Plötzlich Lokführer erzählt von den Hochs und Tiefs, von Prüfungen und Weckern, die nachts um zwei zur Frühschicht rufen, von Dienstplänen, Schweiß und Freudentränen.  

 

Betriebsgefahr simulieren

Unterricht im VDEF-Bildungszentrum: Vom Signalbuch zum Zugsimulator

„Lokführer ist kein chilliger Beruf“, sagt André Kleinbölting auf dem Weg zum Unterricht im VDEF-Bildungszentrum in Köln. Dort drückt er zusammen mit seinem Freund Matthes und acht anderen Umschülern die tägliche Schulbank. Wenn alle bis zum September durchhalten und dann auch noch die Abschlussprüfung schaffen, dann haben sie gute Chancen, unbefristet und zu guten Konditionen bei der RT&S als Lokführer im Güterverkehr zu arbeiten  „Diese Ausbildung in einem Jahr zu absolvieren, das ist schon ein dickes Brett. Ohne Herzblut und Leidenschaft wird das nix“, sagt Kleinbölting. Und mit der Kennermiene eines echten Eisenbahners nickt sein Freund Matthes dazu.

Neben den Dozenten, die beim Verband Deutscher Eisenbahnfachschulen (VDEF) beschäftigt sind, betreut SBB-Cargo Ausbilder Stanislaw Leschenko die Quereinsteiger über die gesamte Ausbildungszeit. „Das ist ein Vollblutlokführer und hier der beste Mann“, flüstert Kleinbölting. „Den Leschenko kannst du auch nachts um zehn anrufen, wenn was brennt.“

Der Dozent hat derweil vorne Aufstellung genommen. „Wir brauchen jetzt unser Signalbuch“, sagt er, und alle bis auf einen kramen in ihren Taschen. Leschenko schaut den Mann mit der Baseballkappe freundlich an und sagt nur ein Wort: „Buch.“ Ein kleines Zögern, dann hat auch der letzte sein Signalbuch vor sich liegen.

„Was ist ein anschließender Weichenbereich? Wer kann mir das sagen?“

Fast alle melden sich. „Er beginnt am Signal, das die Fahrt zulässt.“ Richtig.

„Aber bei einer Fahrt mit besonderem Auftrag verändert sich der Gleisbereich.“

Das Auditorium arbeitet angestrengt an dem Problem: Wo ist da der Weichenbereich geregelt? Wir halten ja gar nicht mehr am gewöhnlichen Halteplatz. Heißt das, wir müssen immer bis zum nächsten Hauptsignal fahren?

Der Dozent nickt. „Ganz genau. Und beim Personalwechsel müssen Sie das dem Kollegen unbedingt sagen. Sonst?“ Es herrscht Stille und dann kommt der schwerwiegende Satz: „Sonst haben Sie eine Betriebsgefahr verursacht.“ Nein, das will keiner der Anwesenden. Betriebsgefahren, das ist die oberste Regel der Eisenbahn, sind unbedingt zu vermeiden.

Und Gefahren lauern überall. Als André Kleinbölting nach der Theorie eine kleine Übungsrunde im Zugsimulator einlegt, wimmelt es auf der Strecke nur so von Besonderheiten. „An jedem Signal und an jeder Ecke kommt etwas. Eine Fehlleitung. Du willst H fahren, aber fährst G. Was ist zu tun? Kleinbölting weiß es: „Vollbremsung einlegen, Fahrdienstleiter anrufen, Befehl abwarten, zurücksetzen.“

Nach dem Unterricht, der für alle Güterbahnen den gleichen Stoff aufbereitet, hat Stanislaw Leschenko noch eine SBB-Regel für seine Lokführer. „Beim Personalwechsel wichtig: Der Kollege, der die Lok verlässt macht mit einem Handtuch die Griffe sauber.“

Auch eine Betriebsgefahr?

„Wir wollen unser Pausenbrot mit sauberen Händen essen. Das steht nirgendwo geschrieben, aber wir machen das so.“ Schweizerische Tradition eben…

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