Verkehrswende: Da geht noch was!

Damit eine Verkehrswende Realität werden kann, braucht es mehr als nur ein paar Ideen.

Dass sich etwas im Verkehrssektor ändern muss, darüber waren sich alle einig. Wichtige Akteure aus Verkehrsbranche und Politik diskutierten am Donnerstag (30.11.2017) Wege für mehr Klimaschutz im Verkehr. Unter dem Motto „Klimaschutz konkret: Verkehrsträger im Dialog“ diskutierten in drei lebhaften Talk-Runden Experten mit unterschiedlichsten Perspektiven. Trotz einiger Kontroversen stimmten alle in einem zentralen Punkt überein: Es muss deutlich mehr in die Schiene investiert werden, damit eine „Verkehrswende“ gelingen kann.

Brauchen wir eine Verkehrswende?  

Der Verkehr verursacht weltweit rund ein Viertel des CO2-Ausstoßes. Kein Wunder also, dass der Sektor mittlerweile zum zentralen Thema der aktuellen Klimaschutzdebatte geworden ist. Deshalb werden immer mehr Stimmen laut, die eine Verkehrswende fordern – der Druck auf die Politik steigt.

Doch schon der Begriff als solches ist in der Politik nicht unumstritten, wie die Diskussion am Donnerstag zeigte. Michael Donth (MdB, CDU) sprach von einem Begriff, der implizieren würde, dass die bisherigen Bemühungen um einen klimafreundlicheren Verkehr untauglich seien. Ganz anders sah das Matthias Gastel (MdB, Grüne), der sagte: „Verkehrswende heißt Mobilität sichern und gleichzeitig die Lebensqualität verbessern.“ Doch auch wenn sich die Experten beim Begriff selbst nicht einig werden konnten, so sahen doch alle einen großen Bedarf für Veränderung.

Konsens bei den Themen Infrastrukturausbau, Elektrifizierung & Deutschland-Takt

Verkehrswende Allianz pro Schiene
Dass der Verkehrsträger Schiene beim Klimaschutz große Potenziale aufweist, darin sind sich alle einig. Und um diese Potenziale auch nutzen zu können, brauche es laut Christian Jung (MdB, FDP) vor allem „Netz, Netz, Netz“ – also einen schnellen und kapazitätsorientierten Infrastrukturausbau. Einhellig sprachen sich die Verkehrspolitiker für eine stärkere Elektrifizierung des Streckennetzes aus. Jung ging am weitesten und warb für eine Netz-Elektrifizierung von 85 bis 90 Prozent. Auch beim Thema Deutschland-Takt stimmten die Politiker aller Parteien überein: Der Deutschland-Takt ist wichtig und sollte so schnell wie möglich umgesetzt werden. Arno Klare (MdB, SPD) und Jörg Cezanne (MdB, Linke) betonten außerdem die Notwendigkeit für einen anderen Modal Split. „In den vergangenen 20 Jahren hat es kaum Fortschritte beim Umstieg von der Straße auf die Schiene gegeben. Wenn die Verkehrswende ernst gemeint ist, dann brauchen wir einen Ausbau der Schienenwege“, so Cezanne. Gastel und Cezanne plädierten außerdem dafür, die Abhängigkeit vom Auto zu reduzieren und den Bürgern mehr Alternativen zu bieten.

 

Das Angebot muss sich am Kunden orientieren

In der Talkrunde zum Personenverkehr diskutierten die Verkehrsexperten Detlef Bröcker (NEB Niederbarnimer Eisenbahn), Thomas Kiel (Deutscher Städtetag), Hans Leister (Initiative Deutschland-Takt) und Kai Neumann (Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer bdo). Auch hier wurde deutlich, dass Investitionen in die Infrastruktur das A und O für eine klimafreundliche und wettbewerbsfähige Schiene sind. „Wir müssen erstmal Raum für eine Verkehrswende schaffen. Außerdem kann die Verkehrswende nur dann funktionieren, wenn das Angebot für die Kunden verbessert wird“, so Bröcker. Ähnlich sah das Neumann: „Der Öffentliche Verkehr muss gestärkt und alle Verkehrsträger besser miteinander verzahnt werden.“ Auch Kiel betonte, dass Menschen nur dann ihr Mobilitätsverhalten ändern würden, wenn es Angebote gibt, die zum Umsteigen anregen. Entscheidend sei laut Leister dann aber der Preis für Mobilität: „Die Kosten spielen die wichtigste Rolle, um gegenüber anderen Verkehrsträgern wettbewerbsfähig zu bleiben.“ Als entscheidendes Instrument für mehr Kundenorientierung nannte Leister außerdem die konsequente Einführung des Deutschland-Takts.

 

Die Kosten sind ausschlaggebend

Im Panel zum Schienengüterverkehr konnten die Teilnehmer ebenfalls Gemeinsamkeiten ausmachen. Dirk Flege (Allianz pro Schiene), Frank Huster (Deutscher Speditions- und Logistikverband DSLV), Jens Pawlowski (Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung BGL) und Peter Westenberger (Netzwerk Europäischer Eisenbahnen NEE) waren sich einig: Der Güterverkehr ist generell zu billig. Dies habe zur Folge, „dass der Klimaschutz in den Hintergrund gerät“, so Huster. Dem kann Pawlowski nur zustimmen: „Die Kosten sind der wichtigste Faktor, um im Wettbewerb mit europäischen Transportunternehmen zu bestehen.“ Westenberger merkte selbstkritisch an, dass bei Pünktlichkeit, Geschwindigkeit und Verlässlichkeit im Schienengüterverkehr noch Luft nach oben sei. Um konkret voranzukommen, betonte Flege die Notwendigkeit, den Masterplan Schienengüterverkehr rasch und konsequent umzusetzen und die Infrastruktur auszubauen – ansonsten würde „eine wahre Verkehrswende nur Zukunftsmusik“ bleiben.

 

Zusammenfassung: Die Experten sind sich einig – nun muss die konsequente Umsetzung folgen

Die Diskussion der Experten hat deutlich gemacht, woran es dem Verkehrssektor definitiv nicht fehlt: an Ideen zur Verbesserung des Schienenverkehrs. Was fehlt ist die konsequente Umsetzung dieser Ideen. Dass der Schienenverkehr eine – wenn nicht sogar die – entscheidende Rolle beim Klimaschutz spielen kann, das ist allen längst klar.

 

 

 

Das Projekt „Dialog: Mehr Klimaschutz mit Schienenverkehr“ ist ein Projekt der Allianz pro Schiene, gefördert durch das Umweltbundesamt und das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit. Von April 2017 bis März 2019 bringt die Allianz pro Schiene Akteure der Schienenbranche in den Dialog mit Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Akteuren der Verkehrsbranche und Verbänden der Zivilgesellschaft zusammen. Ziel des Klima Dialogs ist es, Potentiale des Schienenverkehrs im Hinblick auf Klimaschutz und CO2-neutralen Verkehr in Deutschland auszuloten und Rahmenbedingungen zu formulieren, innerhalb derer mehr Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene möglich wird.