Dirk Flege ist Geschäftsführer der Allianz pro Schiene. Dieser Gastbeitrag wird im DEVK-extraTakt veröffentlicht.
Zweifelsohne war 2020 das Jahr der Corona-Pandemie. Und die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass der Virus trotz berechtigter Hoffnung auf allmähliche Entspannung durch die Impfprogramme auch 2021 prägen wird. Wir als Schienenbranche können uns aber nicht damit zufriedengeben, allein die aktuelle Krise zu managen.
Auf Initiative der Allianz pro Schiene haben die acht Bahnverbände daher bereits zu Beginn des Jahres und damit rechtzeitig vor der Bundestagswahl im September ihre Kernforderungen an die nächste Bundesregierung präsentiert. Dabei geht es uns um die Langfristperspektive. Mit diesem gemeinsamen Konzept zeigen die Bahnverbände auf, wie Deutschland seine ehrgeizigen und wichtigen Ziele für den Ausbau des Schienenverkehrs in diesem Jahrzehnt erreichen kann.
Keine Frage: Die Pandemie und die beispiellosen Einschränkungen des öffentlichen Lebens stellen aktuell den gesamten Schienensektor vor gewaltige und beispiellose Herausforderungen. Deutschlandweit fahren leere Züge, U- und S-Bahnen durch die Republik. Die Bundesregierung muss auch in diesem Jahr die Eisenbahnverkehrsunternehmen für die dramatischen Umsatzeinbußen entschädigen. Unter anderem setzt sich die Allianz pro Schiene dafür ein, dass Deutschland – wie zuvor andere EU-Staaten – eine weitere Entlastung bei den Trassenpreisen schafft. Diese wirken wie eine Maut auf die Schiene und stellen daher eine Sonderlast für die gesamte Branche dar. Nur mit einer angemessenen Kompensation der coronabedingten Verluste bleibt die Schienenbranche handlungsfähig. Nur unter dieser Voraussetzung kann sie in den nächsten Jahren in eine andere, bessere, klimagerechtere Mobilität investieren.
Das aber bleibt die zentrale Aufgabe für die Verkehrspolitik der kommenden Jahre und weit darüber hinaus. Nur wenn der Mobilitätssektor seine Treibhausgasemissionen deutlich senkt, kann Deutschland seine Klimaverpflichtungen erfüllen und seinen Beitrag zum weltweiten Klimaschutz leisten. Für die kommende Legislaturperiode haben die Bahnverbände mit ihren drei Kernforderungen ein dazu passendes Programm entwickelt. Die Stichworte lauten: Schieneninfrastruktur ausbauen, Digitalisierung beschleunigen, Verkehrswende forcieren.
Ausdrücklich betonen möchte ich, dass die aktuelle Bundesregierung mit dem Masterplan Schienenverkehr das Fundament für mehr Bahnverkehr gelegt hat. Die nächste Bundesregierung muss den Plan mit Leben füllen. Die vollständige und dauerhafte Umsetzung des Masterplans Schienenverkehr muss im Herbst in der Koalitionsvereinbarung stehen. Auch die beträchtlichen Mittelsteigerungen für die Schiene im Bundeshaushalt erkennen wir als große politische Leistung der scheidenden Bundesregierung an.
Die nächste Bundesregierung muss aber nicht nur deutlich langfristiger agieren, sie muss sich verkehrspolitisch auch ehrlich machen. Alle Verkehrsträger gleichermaßen mit der Gießkanne finanziell zu wässern, führt nicht zu einer Verkehrswende. Wir brauchen eine Verkehrspolitik, die verkehrsträgerübergreifend denkt und handelt. Geschlossene Finanzierungskreisläufe, die den Bund zwingen, mit Lkw-Mauteinnahmen ausschließlich neue Autobahnen und Bundesstraßen zu bauen, sind völlig aus der Zeit gefallen. Auch Lkw-Mauteinnahmen müssen dafür verwendet werden, umweltfreundliche Alternativen wie die Güterbahn zu stärken. Mindestens zwei Drittel des Bundesgeldes für den Neu- und Ausbau von Verkehrsinfrastruktur müssen in die Schiene fließen.