Jedes Jahr gehen mehr und mehr Waren auf die Reise rund um den Globus. Die weltweite Wirtschaft funktioniert heute dank standardisierten Containern und Transportketten, die die ganze Welt umspannen. Aber auch als Privatperson haben wir uns schnell an den Luxus von Lieferungen gewöhnt, die teilweise schon am selben Tag der Bestellung erfolgen.
Die Verkehrsleistung des Güterverkehrs in Deutschland hat sich in den vergangenen 20 Jahren verdoppelt. Das bedeutet, dass immer mehr Güter über immer weitere Strecken transportiert werden. Diese Güter werden mit dem Lkw, dem Binnenschiff mit Güterzügen oder Rohrfernleitungen von A nach B gebracht. Die Transportwege machen sich natürlich auch in der Klimabilanz bemerkbar. Alleine der Verkehrssektor war im Jahr 2022 für knapp 20 Prozent der CO2 Emissionen in Deutschland verantwortlich.
Bei der Öko-Bilanz und der Umweltverträglichkeit unterscheiden sich die Verkehrsträger jedoch deutlich voneinander. Im Vergleich zu Flugzeugen, Lkw und Binnenschiffen sind Güterbahnen wesentlich klimafreundlicher unterwegs. Wenn wir den Klimaschutz als Gesellschaft ernst nehmen, führt am Schienengüterverkehr kein Weg vorbei.
Güterbahnen fahren wegen ihres geringen Rollwiderstandes 5-mal energieeffizienter als Lkw. Stahl auf Stahl rollt einfach besser als Gummi auf Asphalt. Hinzu kommt ein geringerer Energieaufwand: Eine Güterbahn ersetzt bis zu 52 Lkw. 52 Lkw, die ansonsten im Stop-and-Go Verkehr in den Innenstädten oder Autobahnen unnötig Sprit verbrennen.
Pro Tonnenkilometer verursachen Güterzüge 80 Prozent weniger CO2 als Lkw. Dies schlägt sich auch in den versteckten Umwelt-, Klima- und Unfallkosten des Verkehrs – den sogenannten Externen Kosten – nieder: Demnach ist der Eisenbahnverkehr volkswirtschaftlich mehr als doppelt so kosteneffizient wie der Straßenverkehr. Eine genaue Aufschlüsselung der Externen Kosten samt Methodik finden Sie hier.
Während die Automobilindustrie gerade alternative Antriebe für sich entdeckt, ist Elektromobilität im Schienengüterverkehr bereits gelebte Realität. 97 Prozent der Verkehrsleistung im Güterverkehr werden von den Bahnen bereits elektrisch erbracht. Mit mehr erneuerbaren Energien im Strommix der Bahnen wird sich die Öko-Bilanz der Güterbahnen im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern noch weiter verbessern.
Auf der Schiene sind Menschen und Güter deutlich sicherer unterwegs als auf der Straße. Deshalb dürfen etliche Gefahrgüter nur per Bahn transportiert werden. Im Vergleich zum Lkw ist hier das Risiko eines Unfalls bis zu 42-mal geringer.
Die Bahnindustrie und Schienenverkehrsunternehmen zählen zu den wichtigsten Arbeitgebern in Deutschland. Die zukunftsträchtigen Branchen erzielen einen Jahresumsatz von 50 Milliarden Euro – Tendenz steigend. Dies schlägt sich auch in den Beschäftigungszahlen nieder. In knapp vier Jahren steig die Zahl um knapp 9 Prozent auf 261.876 direkt Beschäftige in der Branche.
Fast jeder vierte Arbeitsplatz hängt in Deutschland vom Export ab. Doch ohne leistungsfähige Schieneninfrastruktur wäre Deutschland keine führende Exportnation. Als Haupttransitland profitieren wir vom Schienengüterverkehr, denn im Langstreckentransport können die Bahnen ihre Stärke der Energieeffizienz besonders ausspielen.
Als Modal Split bezeichnet man die Verteilung der Transportleistung auf verschiedene Verkehrsträger, wie Lkw, Schifffahrt oder Flugzeug. Ein hoher Anteil der Güterbahnen am Transportmarkt ist dabei aus Klimagesichtspunkten erstrebenswert.
Im Jahr 2022 betrug der Anteil der Güterbahnen an der Gesamtverkehrsleistung des Güterverkehrs in Deutschland 19,8 Prozent. Dies entspricht 140 Milliarden absolvierten Tonnenkilometer der Güterzüge. Der größte Anteil am Modal Split wird mit 71,3 Prozent jedoch immer noch vom Lkw erbracht. Hier haben wir 10 Gründe zusammengestellt, warum die Verlagerung von Transporten auf die Schiene nicht schneller vorankommt.
Innerhalb des Schienengüterverkehrs ist die Deutsche Bahn der größte Anbieter in Deutschland. Auf das Staatsunternehmen DB Cargo entfällt ein Marktanteil von 41 Prozent. Im Güterverkehr gibt es inzwischen aber eine große Bandbreite an privaten Anbietern, die zusammen auf 59 Prozent der Verkehrsleistung kommen.
Ein Blick in unsere Nachbarländer zeigt, was mit fortschrittlicher Verkehrspolitik möglich ist. In der Schweiz haben die Güterzüge einen Anteil von 41 Prozent an der Güterverkehrsleistung. In Österreich werden immerhin 26 Prozent der Güter mit der Bahn transportiert.
Auch die Bundesregierung hat erkannt, dass der Anteil der Schiene am Güterverkehr dringend steigen muss, sollen die Klimaziele erreicht werden. Bis 2030 sollen daher 25 Prozent des Güterverkehrs auf der Schiene stattfinden.
Dazu wurde vom Bundesverkehrsministerium (BMVI) und der Branche bereits im Sommer 2017 ein Masterplan Schienengüterverkehr vorgestellt. In 10 Handlungsfeldern werden darin konkrete Maßnahmen auflistet, wie der Marktanteil der Schiene deutlich gesteigert werden kann. Alles zum Masterplan Schienengüterverkehr finden Sie hier.
Einzelwagenverkehr besteht dann, wenn Güterzüge aus Güterwagen oder Wagengruppen von unterschiedlichen Versendern und Empfängern bestehen. Diese Art des Schienengüterverkehrs ist vergleichsweise aufwendig, da die unterschiedlichen Versender jeweils einzeln angefahren werden müssen. Aus den verschiedenen Einzelwagen wird dann – meist in Rangierbahnhöfen – ein vollständiger Güterzug zusammengesetzt. Für diese Art des Schienengüterverkehrs sind Gleisanschlüsse zum Beispiel auf dem Werksgelände notwendig. Der Einzelwagenverkehr macht in Deutschland etwa 40 Prozent des gesamten Schienengüterverkehrs aus.
Im Gegensatz zum Einzelwagenverkehr wird der Güterzug beim Ganzzugverkehr in unveränderter Zusammensetzung vom Versender zum Empfänger gefahren. Gegenüber dem Einzelwagenverkehr, bei dem ein hoher Rangieraufwand anfällt, ist der Ganzzugverkehr dadurch kostengünstiger zu betreiben. Vor allem bei großen Mengen eines Versenders ist diese Art des Gütertransports in Kombination mit einem Gleisanschluss sehr wirtschaftlich.
* im Jahr 2019 ** Nur Eisenbahnverkehrsunternehmen im Segment Güterbahnen (2019) *** Direkt Beschäftigte (ohne Hersteller und Werkstätten), Vollzeitäquivalente, 2019
Der Schienengüterverkehr in Deutschland ist komplex und in seiner Funktionsweise oftmals schwer durchschaubar. Die Vielfalt der Beteiligten im Schienengüterverkehr sowie die ökonomische Bedeutung desselben sind auch in der Öffentlichkeit und Politik kaum bekannt – Grund genug für uns, diese ungeahnt vielfältige Branche greifbarer zu machen.
Auf dieser Infografik zeigen wir eine Auswahl der Marktteilnehmer und Akteure entlang der Wertschöpfungskette im Schienengüterverkehr. Schlaglichtartig veranschaulicht die Deutschlandkarte die Funktionsweise, die wirtschaftliche und regionale Bedeutung sowie die Vielfalt der Branche – allerdings ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Hier können Sie die Karte als pdf herunterladen. |
Die Karte wurde in Zusammenarbeit mit dem DVV Media-Verlag realisiert und anlässlich des Europäischen Jahres der Schiene vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr gefördert.
Ein Weg, Güter auf die Schiene zu verlagern, ist der Kombinierte Verkehr. Dabei wird eine kurze Strecke vom Versender zum Bahn-Terminal per Lkw zurückgelegt. Dort werden die Ladeeinheiten (Container oder Lkw-Sattelanhänger) – in der Regel per Kran – auf Eisenbahnwagen verladen. Den Großteil der Strecke sind die Güter so auf der Schiene unterwegs. Am anderen Ende der Transportkette werden die Ladeeinheiten für die letzten Meilen wieder auf den Lkw verladen. Der Kombinierte Verkehr ist das Segment im Schienengüterverkehr, das am stärksten wächst. Die Lkw-Kolonnen auf den Autobahnen zeigen jedoch, dass das Potenzial zur Verlagerung von Lkw-Fernverkehren auf die Schiene bei weitem noch nicht ausgeschöpft ist.
Während jedes Unternehmen in Deutschland ans Straßennetz angeschlossen ist, verfügt nur ein Bruchteil über einen direkten Zugang zum Schienennetz – einen Gleisanschluss. Auch die Kosten für den Anschluss an die Verkehrsinfrastruktur fallen höchst unterschiedlich aus. Unternehmen erhalten in der Regel kostenlosen Zugang zum Straßennetz. Der Anschluss an das Schienennetz ist dagegen mit erheblichem Eigenmitteleinsatz (mindestens 50 Prozent der Gesamtkosten) und jahrelangen Verpflichtungen zur Verkehrsverlagerung verbunden. Ersatzinvestitionen in Gleisanschlüsse müssen vollständig von den Unternehmen getragen werden.
Diese staatlichen Auflagen führen dazu, dass sich Unternehmen, die eigentlich Güter auf der Schiene transportieren wollen, gegen einen Gleisanschluss entscheiden. In der Folge ist die Zahl der Gleisanschlüsse in den vergangenen Jahrzehnten dramatisch zurückgegangen.
Die Güterbahnen sind auf demselben Schienennetz unterwegs wie der Schienenpersonenverkehr. In der Regel ist der Güterverkehr aber dem Personenverkehr untergeordnet. Wenn nicht genügend parallele Gleise zur Verfügung stehen, werden Güterzüge in sogenannte Überholgleise geleitet. Dort halten sie an, damit nachfolgende Personenzüge vorbeifahren können – dieses Anhalten und Beschleunigen kostet Zeit und Energie. Durch immer mehr Personen- und Güterverkehr auf der Schiene stößt das Bundesschienennetz immer öfter an seine Grenzen und muss dringend ausgebaut werden. Die Mittel dafür kommen aus dem Bundeshaushalt.
Bis spätestens zum Jahr 2030 fordert die EU, dass Güterzüge mit der Standardlänge von 740 Metern in allen Mitgliedsstaaten eingesetzt werden können. Damit dies möglich ist, müssen Überholgleise verlängert und Signale versetzt werden. Derzeit ist das deutsche Schienennetz noch nicht flächendeckend für den Einsatz von 740-m-Zügen ertüchtigt.
Derzeit sind nur 61 Prozent des Bundessschienennetzes mit einer Stromleitung ausgestattet. Deshalb müssen umweltfreundliche elektrische Güterzüge häufig Umwege fahren. Das dauert nicht nur länger, es kostet auch mehr und ist ein entscheidender Nachteil im Wettbewerb mit dem Lkw.
Hier zeigt sich, dass das deutsche Schienennetz – ganz anders als das Straßennetz – auf Kante genäht ist. An vielen Stellen gibt es keine Umfahrungsmöglichkeiten auf der Schiene, z. B. wenn gebaut wird oder ein Zug liegen bleibt. Die Bundesregierung hat das Problem inzwischen erkannt und will den Elektrifizierungsanteil bis zum Jahr 2025 auf 70 Prozent erhöhen. Andere Länder sind heute schon weiter – Schweden hat 75 Prozent der Strecken mit Oberleitungen ausgerüstet, in der Schweiz sind es gar 100 Prozent.
Der Schienengüterverkehr rentiert sich besonders auf langen Strecken. Dementsprechend gilt es auch Hürden für den grenzüberschreitenden Schienengüterverkehr abzubauen. Häufig müssen an der Grenze zwischen EU-Ländern Lokführer und Lokomotiven ausgetauscht werden. Für die Lokführer gelten in vielen Ländern unterschiedliche Standards und Voraussetzungen. So werden z. B. Sprachkenntnisse des Landes vorausgesetzt, das Durchfahren werden soll. Diese Anforderungen gibt es für Lkw-Fahrer nicht. Das verlangsamt den grenzüberschreitenden Gütertransport auf der Schiene und macht ihn unnötig kompliziert und teurer.
Auch das Schienennetz muss weiter ausgebaut werden, damit der grenzüberschreitende Schienenverkehr wachsen kann. Projekte wie der Brennerzulauf müssen zügig realisiert werden. Auch die Elektrifizierung von Grenzübergängen – gerade im Osten Deutschlands – muss dringend vorangetrieben werden, wollen wir es schaffen, dass weniger Lkws durch Deutschland fahren.
Die Güterbahnen haben mit einer Vielzahl von Hindernissen zu kämpfen und können ihr Potenzial nicht voll ausspielen. Damit die Verkehrsverlagerung auf die Schiene vorankommt und unsere Klimaschutzziele erreicht werden können, empfehlen wir folgende Maßnahmen:
Infrastruktur ausbauen
Der Bund sollte…
Wettbewerb fair gestalten
Der Bund sollte…
Innovationen fördern
Der Bund sollte…
Verlässliche Rahmenbedingungen schaffen
Der Bund sollte…
Hintergrundinfos und weitere wichtige Forderungen haben wir hier zusammengestellt.