Digitale Automatische Kupplung - Güterverkehr mit Zukunft

Mit der Digitalisierung in die Zukunft des Schienengüterverkehrs.
Einer der zentralen Verursacher des klimaschädlichen CO2 ist der Verkehrssektor – in Europa ist er für ein Fünftel der gesamten Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Wie bringen wir also Klimaschutz und steigende Transportmengen zusammen? Ganz einfach: Mit einem effizienten, wettbewerbsfähigen Schienengüterverkehr. Auf diesem Weg ist die Digitale Automatische Kupplung (kurz DAK) ein ganz entscheidender Meilenstein.

1. Was ist die Digitale Automatische Kupplung (DAK)?

Die Digitale Automatische Kupplung (DAK) beschleunigt das Zusammenstellen von Güterzügen. Mit der DAK werden Güterwagen sowie deren Strom-, Daten- und Druckluftleitungen automatisch verbunden . Dadurch erhöht sie die Kapazität und Qualität des Güterverkehrs und trägt so zum Gelingen der Verkehrswende bei. Die neue Kupplung entlastet außerdem die Rangiermitarbeiter von der körperlich anstrengenden und nicht ganz ungefährlichen Arbeit. Die Zugbildung erfolgt bislang noch überwiegend mit Schraubenkupplungen per Hand.

2. Wie werden Güterwagen in Europa bisher gekuppelt?

Die Kupplung von Güterwaggons hat sich seit der Kaiserzeit nicht großartig verändert. Seit mehr als 100 Jahren werden die einzelnen Wagen in schwerer Handarbeit per Schraubenkupplung an- und abgehängt. Der Rangierer muss dafür auf die Gleise und zwischen die Waggons klettern. Anschließend gilt es, einen schweren Kupplungsbügel in den Kupplungshaken einzuhängen. Dann muss er die Verbindung spannen und zu guter Letzt die Bremsleitungen von Hand verbinden. All diese Vorgänge sind sehr aufwendig und zeitintensiv. Je mehr Güterwaggons gekuppelt werden müssen, desto mehr Zeit verstreicht, bevor der Zug tatsächlich Waren transportiert.

Güterwaggons im Rangierbahnhof.

3. Warum sollte der Prozess dringend erneuert werden?

  • Das manuelle Kuppeln ist mit Gefahren verbunden.
    Da die Rangierarbeiter auf engstem Raum (sog. Berner Raum) zwischen den Puffern von tonnenschweren Güterwagen arbeiten, kommt es hier immer wieder zu Unfällen.

  • Die Rangierarbeiter sind einer hohen körperlichen Belastung ausgesetzt.
    Die Arbeit auf den Gleisen ist sehr anstrengend und wird zu jeder Jahreszeit bei Wind und Wetter draußen verrichtet.

  • Durch den zeitaufwändigen Kupplungsvorgang entsteht für die Güterbahnen im Vergleich zum Lkw-Verkehr ein Wettbewerbsnachteil.
    Das händische Kuppeln ist mit einem erheblichen Aufwand verbunden. Gleichzeitig stellen die Kunden der Güterbahnen hohe Ansprüche an die Transportzeit und die Pünktlichkeit. Die Bahnen haben durch das zeitaufwändige Kuppeln also einen Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Verkehrsträgern.

  • Die Rangierarbeit ist besonders personalintensiv.
    Aufgrund der hohen körperlichen Anforderungen und der Gefahren entscheiden sich immer weniger Berufsanfänger für diese Arbeit. Den Fachkräftemangel spüren die Bahnen also nicht nur bei Lokführern, sondern auch beim Rangierpersonal.

4. Wie steht Deutschland im weltweiten Vergleich da?

In vielen Ländern sind automatische Kupplungen im Schienengüterverkehr längst Gang und Gäbe. Während in den USA, Russland und China selbstverständlich automatisch gekuppelt wird, ist in Europa schwere Handarbeit angesagt.

Die Einführung der DAK bedeutet für den Güterverkehr auf der Schiene allerdings eine Revolution, da digitale automatische Kupplungen bislang noch gar nicht verbreitet sind. Europa könnte sich also mit der Einführung von weit hinten nach ganz vorne katapultieren.

5. Was leisten automatische Kupplungen?

Je nach Automatisierungsgrad gilt es, mehrere Typen automatischer Kupplungen zu unterscheiden. In Europa soll die fortschrittlichste Kupplung eingesetzt werden, die DAK Typ 4. Diese Technologie verbindet die längst überfällige Automatisierung des Kuppelns mit der Digitalisierung der Güterbahnen.

Bei der DAK Typ 4 werden die Wagen nicht nur automatisch gekuppelt. Neben einer Druckluftleitung für die Bremsen verfügt sie auch über eine Strom- und Datenleitung. So sind diverse Sensoren permanent mit Energie versorgt. Die Datenleitung ermöglicht es, Zustandsdaten der Güterwagen an den Lokführer zu senden. Außerdem ist sie eine wichtige Voraussetzung für die automatische Bremsprobe, mit der die Zugabfertigung um bis zu 45 Minuten beschleunigt wird. Zusammen mit automatischen Rangierloks kann ein Güterzug damit fast so schnell abfahrbereit sein, wie ein Lkw.

Die automatische Kupplung ermöglicht auch längere Güterzüge. Heute begrenzt die Zughakengrenzlast die Zuglänge. Die DAK ist für eine größere Zughakenlast ausgelegt und ermöglicht zusammen mit einer elektropneumatischen Bremse (ep-Bremse) deutlich längere Züge von über 1.000 m. Die Kapazität der Züge kann damit deutlich erhöht werden.

 

Die Digitale Automatische Kupplung, kurz DAK
Eine digitale Revolution für den Schienengüterverkehr: Die DAK Typ 4.

6. Einführung in Europa bis 2030

Die Digitale Automatische Kupplung kann ihr volles Potenzial am besten im grenzüberschreitenden Güterverkehr ausspielen. Für die Politik gilt es daher jetzt, die notwendigen Rahmenbedingungen für den flächendeckenden europaweiten Einsatz zu schaffen.

Im September 2020 haben sich die europäischen Verkehrsminister in der Berliner Erklärung darauf verständigt, den Übergang zum digitalen Bahnbetrieb zu forcieren. Die Einführung der Digitalen Automatischen Kupplung ist Teil dieser Erklärung. In einem weiteren Schritt müssen sich die Länder auf einen gemeinsamen europäischen Standard für die DAK einigen. Derzeit laufen bereits Testfahrten mit verschiedenen Kupplungstypen, die vom Bund gefördert werden.

Schließlich muss ein verbindlicher EU-weiter Fahrplan zur Migration vereinbart werden, der durch eine Förderung begleitet wird. Europaweit müssen etwa 450.000 Güterwagen mit der neuen Technologie ausgestattet werden. Die Kosten für die Ausrüstung der Wagen und Lokomotiven mit neuen Kupplungssystemen belaufen sich laut einer Studie im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums auf 6,4 bis 8,6 Mrd. Euro. Für die Zeit nach der Einführung in Europa wird ein volkswirtschaftlicher Nutzen von jährlich 760 Millionen Euro prognostiziert.

7. Forderungen der Allianz pro Schiene

Zusammen mit anderen Verbänden aus dem Bahnsektor engagiert sich die Allianz pro Schiene für die Einführung der DAK. Mit der DAK-Charta wollen wir gemeinsam die Digitale Automatische Kupplung bis zum Jahr 2030 in ganz Europa auf die Schiene bringen. Im Zentrum unserer Charta stehen drei Schritte, die Politik und Sektor jetzt angehen müssen:

  1. die Entwicklungsphase beschleunigen,
  2. die Finanzierung einer europaweiten Einführung sicherstellen
  3. einen europäischen Fahrplan für die Migration der DAK aufstellen