Lärm und Lärmschutz im Schienenverkehr: Die Bahnen werden leiser

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Lärm ist störend und ein Gesundheitsrisiko. Der lärmbedingte psychische Stress kann krank machen: Insbesondere Herz-Kreislauf-Erkrankungen bis hin zum Herzinfarkt können die Folge von chronischer Belastung durch Verkehrslärm sein. Lärmschutz ist daher ein wichtiger Teil von Verkehrspolitik und Verkehrsplanung. Um die klimapolitischen Ziele der Bundesregierung zu erreichen, muss das Verkehrsaufkommen auf der Schiene weiter steigen. Damit wird der Lärmschutz immer wichtiger.

Die gute Nachricht, der Lärmschutz bei den Bahnen wird ernst genommen. Dabei gibt es zwei unterschiedliche Lösungsansätze: Lärmschutz direkt an der Quelle und Lärmschutzmaßnahmen entlang der Strecke.

Lärmschutz an der Quelle: Leise Bremssohlen

Entscheidendes Element für die Reduktion der Lärmemissionen an der Quelle ist die Umstellung des Güterwagenparks auf Verbundstoffbremssohlen (LL- oder K-Sohlen). Durch diese „Flüsterbremsen“ werden die Waggonräder nicht mehr aufgeraut und dadurch ein bis zu 10dB(A) leiseres Rollgeräusch erreicht. Dies kommt in der menschlichen Wahrnehmung einer Halbierung des Lärmpegels gleich.

Durch das ab Mitte Dezember 2020 geltende Schienenlärmschutzgesetz (SchlärmschG) wird der Einsatz dieser Flüsterbremsen verpflichtend. Im März 2020 waren daher von den in Deutschland verkehrenden Güterwagen bereits über 85 Prozent mit LL- oder K-Sohle ausgerüstet. Die deutschen Wagenhalter haben zugesagt, die Umstellung des in Deutschland eingesetzten Wagenparks bis Ende 2020 vollständig abzuschließen.

Wie kam es zu diesem Gesetz?

Seit Dezember 2005 werden Güterwagen nur zugelassen, wenn sie die Emissionsgrenzwerte der TSI Lärm einhalten. Dies wird durch den Einbau von modernen Verbundstoffbremsen statt der bis dato üblichen Graugussbremsen in neue Güterwagen erreicht. Da die Wagen eine lange Nutzungsdauer von bis zu 40 Jahren aufweisen, ist eine erhebliche Lärmreduzierung durch den alleinigen Einsatz dieses Instruments nur auf lange Sicht zu erreichen. Bereits 2004 forderte die Allianz pro Schiene daher die Bundesregierung auf, als konkrete Maßnahme zur Verkehrslärmbekämpfung im Schienenverkehr die Umrüstung von Güterwagen auf „Flüsterbremsen“ finanziell zu unterstützen.

Lärmschutzmaßnahmen entlang der Strecke: Schallschutzwände, Schienenzustand und Elektrifizierungsgrad

Der stationäre Lärmschutz ist neben der Lärmminderung an der Quelle die zweite zentrale Säule der Lärmminderung im Schienenverkehr. Als klassische Maßnahme kommen hier hohe Schallschutz- bzw. Lärmschutzwände zum Einsatz. In den vergangenen Jahren wurden weitere Verfahren an Gleisanlagen erprobt und für wirksam befunden – beispielsweise niedrige, näher an den Gleisen stehende Schallschutzmauern oder Gabionen, Schienenstegdämpfer, Schienenschmiereinrichtungen sowie Maßnahmen zur Brückenentdröhnung.

Weitere Maßnahmen, die die die Lärmemissionen des Schienenverkehrs an der Infrastruktur beeinflussen, betreffen den Schienenzustand und den Elektrifizierungsgrad. Durch präventives Schienenschleifen bleibt die Oberfläche der Schienen glatt und erzeugt bei der Darüberfahrt weniger Lärm. Durch eine fortschreitende Elektrifizierung von Schienenstrecken können verstärkt elektrisch betriebene Züge eingesetzt werden. Diese sind während der gesamten Fahrt deutlich leiser als die bislang genutzten Dieselloks.

Lärmschutzwände absorbieren und schirmen den Schall vorbeifahrender Züge ab. Damit gehören sie zu den zentralen Lärmschutzmaßnahmen entlang der Bahnstrecken.

Initiativen des Bundes für mehr Lärmschutz bei den Bahnen und an den Gleisen

Mit dem Nationalen Verkehrslärmschutzpaket II (2009) bekannte sich die Bundesregierung zu dem Ziel, den Schienenlärm bis 2020 zu halbieren. Dazu wurden verschiedene Pilot- und Innovationsprogramme aufgesetzt (z.B. Programm „Leiser Güterverkehr“, Innovationsprogramm „Verbundstoff-Bremsklotzsohlen“).

Erst mit der Einführung des lärmabhängigen Trassenpreissystems (laTPS) im Dezember 2012 entstand jedoch ein echter Anreiz für die Unternehmen der Schienenverkehrsbranche, vorhandene Güterwagen zügig auf Verbundstoffbremsen umzurüsten. Laute Güterzüge zahlen seither einen Malus und dadurch für die Nutzung der Schienentrassen mehr als leise Güterzüge. Der Bund fördert die kostspielige Umrüstung zugunsten des Lärmschutzes finanziell und stellt dafür im Umrüstungszeitraum 152 Millionen Euro bereit.

Wirkt unmittelbar an der Quelle des Lärms: Mit ihren elastischen Komposit-Bremssohlen reduziert die Flüsterbremse den Lärm der Güterwagen um die Hälfte.

Im Frühjahr 2017 nahm schließlich das „Gesetz zum Verbot des Betriebs lauter Güterwagen“ die letzte Hürde im Gesetzgebungsverfahren und wurde für Ende 2020 auf den Weg gebracht. Damit erhielten die deutschen Wagenhalter die notwendige Rechtssicherheit, um die erheblichen Investitionen in die Umrüstung auf die Flüsterbremse zu tätigen. Mit dem gesetzlichen Einsatzverbot für laute Güterwagen zum Fahrplanwechsel Ende 2020 zählt die Bundesrepublik in der EU zu den Vorreitern. Regelungen für sogenannte „quieter routes“, die in allen EU-Ländern gelten, treten erst 2024 in Kraft.

Für Lärmschutzmaßnahmen an den Gleisen wurde für die Jahre 2016 bis 2018 im Rahmen des Zukunftsinvestitionsprogramms der Bundesregierung das Sonderprogramm „Lärmschutz Schiene“ aufgelegt. Damit konnte der Lärm insbesondere an Brennpunkten weiter reduziert werden sowie neuartige Techniken des Lärmschutzes erprobt und weiterentwickelt werden.

Projekte der Allianz pro Schiene und des Umweltbundesamtes: Leitfaden zum Lärmschutz für die Eisenbahn

Lärm droht die Akzeptanz des Schienenverkehrs, und damit des umweltfreundlichsten Verkehrsmittels zu gefährden. Deshalb muss noch mehr für den Lärmschutz, insbesondere im Güterverkehr, getan werden. Gemeinsam mit Organisationen aus der Zivilgesellschaft und der gesamten Bahnbranche stellte die Allianz pro Schiene im Projekt „Plattform Leise Bahnen“ einen Fahrplan für einen leiseren Schienenverkehr auf. Ergebnis des Dialogs ist der Lärmschutz-Leitfaden „Sieben Schritte auf dem Weg zu einem leiseren Schienengüterverkehr“.

7 Schritte auf dem Weg zu einem leiseren Güterverkehr - Handlungsempfehlungen Plattform Leise Bahnen

 

Das im April 2018 gestartete Projekt „Forum leise Bahnen“ knüpfte an die Ergebnisse der „Plattform leise Bahnen“ an. Ziel des Dialoges war es, Wege aufzuzeigen, um weitere Fortschritte bei der Lärmminderung, insbesondere im Schienengüterverkehr zu erreichen. Grundlage dafür ist der Austausch von relevanten Informationen zur Schienenverkehrslärmminderung mit der Bundes- und Landespolitik, mit den von Lärm Betroffenen und den Akteuren der Schienenverkehrsbranche. Ergebnis des Dialogprozesses waren die nachfolgenden 7 Punkte, die in der Broschüre „Handlungsfelder für einen leiseren Schienenverkehr“ beschrieben sind.

  • Formulierung neuer Lärmminderungsziele
  • Weiterentwicklung europäischer Standards
  • Optimierung betrieblicher Prozesse
  • Fortsetzung der Lärmminderung an der Infrastruktur
  • Flottensanierung des Güterwagenparks abschließen
  • Innovation und Forschung für leisere Bahnen vorantreiben
  • Baustellenlärm reduzieren