Der Leipziger Hauptbahnhof ist der erste Kopfbahnhof, den die Allianz pro Schiene zum „Bahnhof des Jahres“ kürt. Dabei ist er nicht irgendein Kopfbahnhof, er ist Europas größter Kopfbahnhof. Egal, wie sich der Reisende dem Bahnhof Leipzig nähert, mit einem Blick ist der Gigant aus hellem Sandstein nicht zu erfassen. Von der Stadt kommend lässt er sich kaum mit dem Fotoapparat einfangen – so massiv ist er mit seiner 298 Meter langen Fassade. Von den Gleisen kommend, wirkt er wie aus der Zeit gefallen: Eine gigantische Bahnhofshalle, hoch, hell, geräumig, mit unglaublich viel Platz für die Reisenden. Kein Gedränge und Geschiebe in der Halle, von Hektik keine Spur.
Die Großzügigkeit verblüfft und beruhigt zugleich. In der heutigen, auf Effizienz getrimmten Zeit wirkt der Eintritt in diese Bahnhofshalle wie eine spirituelle Erfahrung. Bahnfahrer Martin Fricke aus dem niedersächsischen Cremlingen greift gar zum ganz großen Kirchenvergleich: „Wenn man in Leipzig aus dem Zug steigt und die Haupthalle erreicht, ist es ähnlich als betrete man den Kölner Dom“, schreibt er per E-Mail an die Allianz pro Schiene-Jury, um sein Votum für den Leipziger Hauptbahnhof als Bahnhof des Jahres abzugeben.
Bahnhof des Jahres 2011: Das sagt die Jury
Nun ist Größe und Erhabenheit ja nicht unbedingt einhergehend mit Kundenfreundlichkeit. Der Leipziger Hauptbahnhof hat aber etliche Attribute, die nachweislich kundenfreundlich sind. Für Bahnreisende ist der Kopfbahnhof übersichtlich. Die Gleise liegen nebeneinander, alles ist einsehbar und vom Querbahnsteig zentral erreichbar. Auch ist der Bahnhof Leipzig barrierefrei, alle Gleise liegen auf einer Ebene, was besonders Reisende mit Gepäck, Kinderwagen, Fahrrädern oder Rollstühlen freut. Außerdem ist der Bahnhof Leipzig durch die Unterführung in der Mitte der Bahnsteighalle für Eilige beim Umsteigen ein Bahnhof der kurzen Wege.
Der Leipziger Hauptbahnhof ist aber nicht nur ein architektonisches Meisterwerk und ein umsteige-freundlicher Großstadtbahnhof mit den bundesweit besten Pünktlichkeitswerten (test, Ausgabe 2/08), er ist auch eine äußerst gelungene Mischung aus renovierter alter Bausubstanz und neu errichteter Einkaufs- und Gastronomie-Meile. Diese Geschäfte und Lokale sind einladend unterhalb der Bahnhofsebene angesiedelt, was viele Einsender dazu beflügelte, Leipzig für den Titel „Bahnhof des Jahres“ zu nominieren. Bahnreisende „empfinden einen längeren Aufenthalt nicht als Ärgernis, sondern als einen ausgesprochen angenehmen Teil der Bahnreise“, schrieb Bahnhof des Jahres-Einsender Jörn Pachl aus Braunschweig stellvertretend für viele andere.
Viel Lob für den Bahnhof Leipzig
Seit einigen Jahren singen immer mehr Bahnkunden das große Lob des Leipziger Hauptbahnhofs, wie es der Einsender Timo Feldmann aus Tuttlingen knapp und kompakt in vier Worte packt: „Großer Bahnhof – großartige Gefühle“. Das war nicht immer so. Beim Umbau des Leipziger Hauptbahnhofes 1996/1997 wurde nicht nur eine zweistöckige Ladenpassage neu gebaut, sondern von den 26 Gleisen sollten auch noch drei verschwinden – für ein Auto-Parkhaus in der Bahnhofshalle. Doch damit wäre der Bahnhof Leipzig unter die Gleiszahl des Konkurrenten aus Frankfurt am Main geschrumpft. Prompt erhob sich eine „Welle des Volkszorns“ (Oberbürgermeister Hinrich Lehmann-Grube) mit dem Ergebnis, dass die Leipziger ihr Gleis 24 als Museumsgleis behalten durften. Mit der Eröffnung des modernisierten Bahnhofs beruhigten sich die Gemüter aber schnell wieder, und heute will keiner mehr zu den Zweiflern gehört haben. Seit Jahren liegt der Leipziger Hauptbahnhof bei repräsentativen Kundenzufriedenheitsumfragen bundesweit unangefochten auf Platz 1.
Neue Wege bei der Finanzierung
Vorne weg war Leipzig Hauptbahnhof auch in ganz anderen Dingen, in Finanzierungsfragen. Als erster deutscher Bahnhof ist er mit Hilfe von privatem Kapital umgestaltet und im November 1997 wiedereröffnet worden. Von den erforderlichen mehr als 500 Millionen Mark für den Gesamtumbau des Empfangsgebäudes brachten Privatinvestoren über einen geschlossenen Immobilienfonds mehr als 400 Millionen auf.
Bei den Skulpturen rund um den Bahnhof hatten die Erbauer ein Wort mitzureden: 12 überlebensgroße Plastiken an der Außenfassade symbolisieren die Leipziger Berufsgruppen.
Kein Gedränge und Geschiebe in der Halle, alles hoch und hell, von Hektik keine Spur. Der Bahnhof des Jahres 2011 hat „unglaublich viel Platz für die Reisenden“.
Als „Kathedrale des Fortschritts“ kam der Leipziger Hauptbahnhof schon bei seiner Eröffnung 1915 daher. Die gigantische Halle ermöglicht auch heute eine „spirituelle Erfahrung“. Für die Jury steht fest: Solche Gefühle vermitteln sonst nur Kirchen.
Erhabenheit allein macht noch keinen Bahnhof des Jahres: Leipzig Hauptbahnhof glänzt auch beim Thema Kundenfreundlichkeit und Service. Die Jury hat beim Vororttest Bestnoten verteilt: „Ein Bahnhof der Spitzenklasse.“
Die Stiftung Warentest erklärte Leipzig zum pünktlichsten Bahnhof Deutschlands. Auch bei den Kundenzufriedenheitsumfragen der Deutschen Bahn liegt Leipzig seit Jahren auf Platz ein.
Einkaufen und Reisen sind in Leipzig räumlich gut getrennt. Trotzdem führen die Ladenpassagen kein losgelöstes Eigenleben. Das Bahnhofsgebäude bleibt optisch immer präsent.
Ein freier Blick von der Bahnhofsebene auf die Ladenzeilen in den beiden Untergeschossen – Passanten schauen minutenlang dem Treiben unter ihnen zu. Das gibt es sonst nur in Berlin Hauptbahnhof.
Gläserne Aufzüge mit Panoramablick, verglaste halbrunde Decken – innen ist der Leipziger Hauptbahnhof hell und lebendig. Kein Wunder: Schon der Entwurf aus der Weimarer Republik stand unter dem Motto „Luft und Licht“.
Schön auch die Schalterhalle: Die Muster von Bodenfliesen und Deckenstruktur sind harmonisch aufeinander abgestimmt. Auch beim Incognito-Check entdeckte die Jury keine Schwachstellen beim Service.
Am Museumsgleis Nr 24 siegte einst der Volkszorn: Als im Zuge der Modernisierung im Jahr 1997 die Zahl der Gleise von 26 auf 23 schrumpfen sollte, gab es einen Aufstand. Schließlich hätte Frankfurt am Main dann mehr Gleise gehabt als Leipzig. So haben die Leipziger die alte Größe verteidigt.
In der Totale vom Gleisfeld her gesehen sprengt der Leipziger Hauptbahnhof jedes Fotodisplay. Auch in Finanzierungsfragen war er vorne weg: Als erster deutscher Bahnhof ist er mit Hilfe von privatem Kapital umgestaltet worden.
So sehen Sieger aus: Strahlend präsentieren die beiden Geehrten Sabine Rothenberger (als Bahnhofsmanagerin stellvertretend für das Team) und Martin zur Nedden (als Bürgermeister für die Stadt Leipzig) ihre Urkunden - überreicht für ihre gemeinschaftlichen Anstrengungen während der langjährigen Modernisierungsphase.
Welcher Ort wäre geeigneter für die Siegesfeier des Großstadtbahnhofs 2011 als der Bahnhof selbst! Schon ab 9 Uhr morgens laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren.
Dirk Flege, Jurymitglied und Geschäftsführer der Allianz pro Schiene (rechts), moderiert die einstündige Siegesfeier. Im ersten Teil der Talkrunde loben die Jurymitglieder Karl-Peter Naumann (Pro Bahn, links) und Monika Ganseforth (VCD) vor allem die Kundenfreundlichkeit im Leipziger Prachtbau und sprechen damit Peter Sack, dem Einsender des ausgewählten Nominierungsvorschlags, aus dem Herzen.
Lob für die Mitarbeiter des Bahnhofsteams - das sind besonders schöne Momente für diese beiden Verantwortlichen: Sabine Rothenberger managt den Leipziger Hauptbahnhof, Udo Fichtner (links) ist für den Kundenservice verantwortlich.
Im zweiten Teil der Talkrunde kommt die Politprominenz zu Wort: Landesverkehrsminister Sven Morlok (FDP, links) und Leipzigs Bürgermeister Martin zur Nedden (SPD, 2. von links) diskutieren mit dem Vorstandsvorsitzenden von DB Station&Service, André Zeug (2. von rechts).
Die Enthüllung der Siegertafel durch Sabine Rothenberger und Landesverkehrsminister Sven Morkok (FDP, rechts) ist ein ganz besonderer Moment - und ein überraschender dazu. Denn unter dem Tuch blitzt nicht die erwartete Messingtafel auf (sie wird erst in den nächsten Tagen im Leipziger Bahnhof aufgestellt!).
Die Jury des Wettbewerbs Bahnhof des Jahres achtet auch auf das Angebot regionaler Speisen und Getränke in den Bahnhöfen. Nur konsequent also, dass sich die Gäste an Leipziger Lerchen erfreuen können. Die Leipziger Gebäckspezialität ist nur eine der Köstlichkeiten am Buffet.
Schon im Jahr 1996 pachtete der Hamburger Projektentwickler ECE das Empfangsgebäude, als Centermanager ist Stefan Knorr (rechts, mit Dirk Flege) wesentlich mitverantwortlich für die Glanzleistung des Leipziger Hauptbahnhofs.
Ein Foto mit dem obersten Boss: Die beiden Leipziger Sabine Rothenberger (Bahnhofsmanagerin DB) und Udo Fichtner (DB Kundenservicemanager) gruppieren sich mit André Zeug um die Siegerurkunde. Der Chef aller Bahnhöfe in Deutschland stand erst vor kurzem in Leipzig am Kundenschalter – selbst gewählter Dienst an der Basis!
Anfang 2011 drohte das Aus für die Bahnhofsmission in Leipzig, also halfen alle zusammen: Caritas, Stadt, Land, DB, Polizei und Bahnhofsmanagement sorgten gemeinschaftlich dafür, dass die Bahnhofsmission weiter bestehen kann. Diese Feierstunde haben sich die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer mehr als verdient!
Ein bisschen Spaß muss sein: Sabine Rothenberger "krönt" den Bundesvorsitzenden des Fahrgastverbandes Pro Bahn, Karl-Peter Naumann. Aber keine Sorge: Herr Naumann wechselt nur für´s Foto die Seite!
Rund um den Leipziger Hauptbahnhof hat ihr Wort Gewicht: Martin zur Nedden (SPD, links im Bild) vertritt die Stadt Leipzig. In ihrem Eigentum steht der Bahnhofsvorplatz. André Zeug (DB Station&Service AG) entscheidet dagegen über die Bahnsteighallen.
Die Hälfte des „Feiertages“ ist geschafft: Für die beiden Mitarbeiterinnen des Bahnhofsmanagements in Leipzig, Sabine Kubasch und Simone Kaluke, geht der arbeitsintensive Teil der Gästeakkreditierung zu Ende. Am Nachmittag feiern sie den Titel noch einmal mit all ihren Kollegen.
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Ein Bahnhof zum Staunen
Als „Kathedrale des Fortschritts“ galt der Leipziger Hauptbahnhof nach seiner Eröffnung 1915, und dieser Rolle wird er auch nach seinem Umbau wieder gerecht.Vieles von dem alten Glanz ist geblieben oder wurde im Geiste der Erbauer weiterentwickelt. Die Architekten William Lossow und Max Hans Kühne gestalteten den Leipziger Hauptbahnhof in der Weimarer Republik unter dem Motto „Luft und Licht“. Ein Motto, das bis heute lebt. Verglaste, halbrunde Decken, eine durchlüftete hohe Halle, freier Blick von der Bahnhofsebene auf die Ladenzeilen in den beiden Untergeschossen und zwei gläserne Fahrstühle mit Panoramablick lassen den Bahnhof von innen hell, transparent und lebendig erscheinen. Passanten stehen im Leipziger Hauptbahnhof, genau wie im Berliner Hauptbahnhof, an der Glas-Brüstung und schauen minutenlang dem Treiben unter ihnen zu.
Der große Vorteil vom Bahnhof Leipzig: Shoppende und Bahnreisende kommen sich durch die klare Trennung von Einkaufen und Reisen räumlich nicht in die Quere. Die wenigen Geschäfte, die es auf der Ebene der Verkehrsstation gibt, sind optimal angeordnet, wie etwa die Imbissstände am Anfang eines jeden Bahnsteiges. Dennoch führen die Ladenpassagen kein vom Bahnhof losgelöstes Eigenleben. Die Beschilderung vom Einkaufszentrum zu den weiterführenden Verkehrsmitteln ist in sich stimmig, das Bahnhofsgebäude bleibt optisch immer präsent. Sitzgelegenheiten, Blumenschmuck und schönes Ambiente gibt es in allen Etagen reichlich. Was die Aufenthaltsqualität und das Gebäude anbelangt, spielt der Leipziger Bahnhof mit dem Berliner Hauptbahnhof in einer Liga.
Ein Wartesaal mit preisgekrönter Buchhandlung
Besonderen Eindruck hat der ehemalige preußische Wartesaal im Erdgeschoss auf die Jury gemacht. Vor wenigen Jahren residierte dort noch die DB-Lounge, nun füllt eine große Buchhandlung samt angeschlossenem Café mit Ledersesseln den freien Raum aufs Allerschönste. Gäbe es einen Preis für „Deutschlands schönste Bahnhofsbuchhandlung“, der Sieger stünde fest. Leipzig Hauptbahnhof: Würdigung der Jury 4
Auch den besten Malaga-Eisbecher nördlich von Turin haben wir im ersten Untergeschoss im Bahnhof Leipzig gegessen. Kurzum: Dem Reisenden wird in Leipzig in jeder Hinsicht ein absolutes Spitzenniveau geboten: Ein moderner, zugänglicher Kopfbahnhof, der die Verkehrsbedürfnisse der Reisenden mustergültig erfüllt. Eine harmonisch integrierte Einkaufswelt, die von der Ausstrahlung her genauso gut zum altehrwürdigen Bahnhofsgebäude passt wie die Glaskuppel auf das Berliner Reichstagsgebäude.
Der Bahnhofsvorplatz in Leipzig ist mit seinen vielen Straßenbahnen, Bussen, Taxis, Autos, Fahrrädern und Fußgängern deutlich wuseliger als die Bahnhofsebene im Gebäude. Aber auch hier funktioniert alles, werden Stilelemente des Bahnhofs übernommen, wie etwa die durchsichtigen Sitzblöcke an den Straßenbahnhaltestellen. Aus Sicht der Allianz pro Schiene-Jury ist der Leipziger Hauptbahnhof eine hochmoderne Verkehrsstation in einem imposanten Gebäude, das neben Bahnreisenden viele Menschen wegen des Ambientes und der Einkaufsmöglichkeiten anlockt. Der Bahnhof Leipzig ist ein Besuchermagnet und Wohlfühlbahnhof.
Weitere Infos zum Leipziger Hauptbahnhof
Der Leipziger Hauptbahnhof mit seiner prächtigen Fassade liegt im Zentrum Leipzigs und erstreckt sich über knapp 80.000 m² Fläche. Das macht das Bauwerk zu Europas größtem Kopfbahnhof. Auf 18 Bahnsteigen erfüllt der Bahnhof Leipzig seine Aufgabe als ein Zentralknoten in Deutschland: Je zwei ICE und IC-Linien verbinden Ost-West und Nord-Süd, Regional- und S-Bahn-Verkehr werden mit über 20 Linien bedient. Im Zwei-Stundentakt verkehren Fernverkehrszüge nach Berlin, Hamburg, Wiesbaden, München, Frankfurt und Hannover/Bremen.
Der Leipziger Hauptbahnhof ist ein architektonisches Meisterwerk: Die Architekten William Lossow und Max Hans Kühne entwarfen das Bahnhofsgebäude zur Zeit der Weimarer Republik – viel Glas und hohe Deckenwände sollten „Licht und Luft“, das Thema des Entwurfs, widerspiegeln.