Siegerinnen 2019

Bereits zum zweiten Mal kürt die Allianz pro Schiene herausragende Frauen, die mit ihren Visionen und ihrem Erfindungsgeist Mobilität neu denken und mitgestalten. Die Mobilitätsgestalterinnen 2019 konnten sich in einem hochkarätigen Bewerberinnenumfeld durchsetzen. Bei einer Sieger-Gala in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften wurde Ihnen der Preis von Michael Güntner, Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur überreicht.

Saskia Schulz – Gewinnerin des Innovationspreises Mobilitätsgestalterin

Dank ihrer Arbeit bekommt Bremervörde eine Weltneuheit: Eine stationäre Tankstelle soll bald Züge mit Wasserstoff beliefern

„Zwei zukunftsweisende Technologien finden hier zusammen – der Schienenpersonennahverkehr und die Energieversorgung durch Wasserstoff.“ So beschreibt Saskia Schulz selbst ihre Innovation. „Dadurch können wir emissionsfreien Schienenverkehr auf Strecken anbieten, auf denen eine Elektrifizierung aus wirtschaftlichen oder genehmigungstechnischen Gründen nicht möglich ist.“ Dafür bekommt die 28-Jährige in diesem Jahr im von der Allianz pro Schiene veranstalteten Wettbewerb den „Innovationspreis Mobilitätsgestalterin“-Preis.

Konkret geht es um eine stationäre Tankanlage, die Züge mit Wasserstoff befüllt. Mit dieser Innovation will einer der größten Bahn- und Bahnsystemhersteller, Alstom, Ende übernächsten Jahres die zweite Weltpremiere in dem kleinen niedersächsischen Städtchen Bremervörde feiern – gemeinsam mit seinen Partnern Eisenbahn- und Verkehrsbetriebe Elbe-Weser, der Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen und dem Gashersteller Linde im Dezember 2021.

Saskia Schulz im Interview (3min)

Weltpremiere bereits geglückt

Seit 2018 bereits verkehren die Vorserienfahrzeuge „Coradia iLint“ der Firma Alstom als erste Wasserstoffzüge auf dem Globus im Regionalverkehr zwischen Bremervörde, Cuxhaven und Bremerhaven. Noch füllen sie ihre Reservoirs an einer mobilen Tankstelle mit begrenzter Kapazität auf. Deutlich schneller und effizienter soll es mit der weltweit ersten stationären Wasserstoff-Tankstelle gehen, die Saskia Schulz mit ihrem Team konzeptioniert hat. Diese fest installierte Anlage liefert gasförmigen statt flüssigem Wasserstoff. Damit kann nun die ganze Flotte den Betrieb aufnehmen und die Wasserstofftechnologie gewinnt noch einmal an Attraktivität.

Die Jury der Allianz pro Schiene würdigte die Arbeit von Saskia Schulz daher als einen „herausragenden Fortschritt auf dem Weg zu einer neuen Ära im Schienenverkehr“. Carmen Maria Parrino, ehrenamtliche Sprecherin des Netzwerks „Mobilität braucht Frauen“ der Allianz pro Schiene und Vorsitzende der Geschäftsführung von Abellio Rail Mitteldeutschland betont: „Mit dieser Innovation bringt Saskia Schulz die klimafreundlichen Alternativen zum Diesel auf der Schiene noch einmal ein großes Stück voran.“ 

Schon früh auf Erfolgskurs

All dies hat eine 28-Jährige geschafft, die nach einem Dualen Studium bei der Deutschen Bahn ihren Master an der Beuth-Hochschule für Technik in Berlin ablegte. Mit besonderer Spannung schaut sie auf den Fahrplanwechsel im Dezember 2021. Der bringt im Nordwesten der Republik viel mehr als neue Abfahrtzeiten. Dann sollen weitere Züge mit dem klimafreundlichen Antrieb an den Start gehen. Dies heißt zugleich, dass dann auch die weltweite erste Wasserstoff-Tankstelle für Züge ihren Betrieb aufnehmen muss. Bisher läuft alles nach Plan – einschließlich des Planfeststellungsverfahrens, das im März 2019 erfolgreich abgeschlossen wurde. Und so kann Bremervörde schon bald erneut Vorreiter werden für eine zukunftsweisende Technologie, die dem Umwelt- und Klimaschutz dient und die weltweit einsetzbar ist.

Silke Höhl – Gewinnerin „Beste Idee 2019“ beim Innovationspreis Mobilitätsgestalterin

Immer mehr Pakete – immer mehr Straßenverkehr in den Innenstädten? Silke Höhl von der Frankfurt University of Applied Sciences hat bessere Konzepte.

Die Paketmengen in Deutschland wachsen und wachsen. Im Weihnachtsgeschäft stellen die Kurierdienste bis zu 19 Millionen Sendungen pro Tag zu, schätzt der Bundesverband Paket und Expresslogistik. Meist sind die Zusteller per motorisiertem Einzeltransporter unterwegs, verstopfen die ohnehin dichten Innenstädte und nerven die Anwohner in den Wohngebieten. „Paketdienste und Kommunen müssen sich der Herausforderung stellen, den wachsenden Verkehr auf eine nachhaltigere und effizientere Weise abzuwickeln“, sagt Silke Höhl, Doktorandin an der Frankfurter University of Applied Sciences. Genau daran forscht die Bau- und Wirtschaftsingenieurin und Gewinnerin im Wettbewerb „Beste Idee 2019“ beim Innovationspreis Mobilitätsgestalterin der Allianz pro Schiene.

Silke Höhl im Interview (2 Min)

Wie können Städte entlastet werden?

Höhls Ansatz: Um die boomenden Paketlieferungen umweltfreundlicher zu gestalten, muss man keine neue Verkehrsinfrastruktur schaffen. Besser ist, die bestehenden Möglichkeiten zu nutzen. In den Städten gibt es ein mehr oder weniger gut ausgebautes Netz des Öffentlichen Personennahverkehrs. Daher können U- und Straßenbahnen den Transport in die Innenstädte übernehmen. Von dort geht es für die letzten Kilometer auf dem Weg zur Haustür mit einem Lastenrad weiter.

Klingt bestechend einfach und wird auch schon an einigen Orten ausprobiert. Doch die umweltfreundliche Alternative zum massenweisen Straßentransport funktioniert nur, wenn eine ganze Reihe von Voraussetzungen erfüllt ist. Und damit beschäftigt sich die 32-jährige Trägerin des Innovationspreises „Beste Idee 2019“. Die Paketdienstleister, die einen harten Konkurrenzkampf miteinander führen, müssen ihre Pakete bereits im Depot in standardisierte Boxen laden. Diese Mini-Container haben im Modell von Silke Höhl die Maße, um auf Lasträder zu passen. Vom Depot werden sie zunächst zu einer Station am Stadtrand gebracht. Dort lädt die Tram oder die U-Bahn die Ware auf. Wenn der Berufsverkehr nachlässt – also ab 9.00 Uhr morgens –, ist die beste Zeit für den Pakettransport gekommen. Bei dem helfen die standardisierten Container, den personellen Aufwand und damit die Kosten in Grenzen zu halten. Allerdings gehören zu den vielen Herausforderungen auf dem Weg von der Idee zur Praxisanwendung neben technischen und organisatorischen auch rechtliche Probleme.

Innovationen, die in keine Schublade passen

Selbstverständlich ist eine Tram heute für den Personenverkehr und nicht für den Gütertransport zugelassen. Aber wer eine andere Mobilität wolle, dürfe sich von so etwas nicht abschrecken lassen, findet Silke Höhl. Sie bereitet gerade eine Simulation vor, um die Idee in den Praxistext zu schicken. Für die Jury des Innovationspreises der Allianz pro Schiene birgt das Konzept großes Potential. „Der Pakettransport mit U- und S-Bahn und Lastenrad kann in vielen Städten in Deutschland und darüber hinaus helfen, die Umweltbelastung in den Metropolen zu reduzieren. Mit ihrer Innovation legt Silke Höhl zudem ein Modell vor, mit dem Kommunen durch die Reduzierung des Straßenverkehrs im innerstädtischen Raum urbane Lebensqualität zurückgewinnen können.“